Lauter Gewinner bei Iraks Wahlen

Nach der Parlamentswahl vom 15. Dezember sieht die UNO trotz Protesten nur vereinzelte Unregelmäßigkeiten. Bisher liegt die Schiitenallianz UIA vorn. Gespräche über die Bildung einer breiten Regierungskoalition unter Einschluss der Sunniten

„Alle Gemeinschaften des Irak haben bei diesen Wahlen gewonnen“

VON BEATE SEEL

Die Vereinten Nationen sehen keinen Grund, die Parlamentswahlen im Irak vom 15. Dezember zu wiederholen. Trotz einiger Unregelmäßigkeiten seien sie „transparent, glaubwürdig und gut“ verlaufen, erklärte der hochrangige UN-Mitarbeiter Craig Jenness am Mittwoch in Bagdad auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Mitgliedern der irakischen Wahlkommission.

Mitarbeiter der Kommission gaben an, man habe einige Betrugsfälle aufgedeckt, die eine Wiederholung der Stimmabgabe in den betreffenden Wahllokalen rechtfertigten. Eine generelle Wahlwiederholung sei aber nicht notwendig. Insgesamt gab es über 1.500 Einsprüche, von denen nach Angaben der Kommission etwa 50 begründet sind. Wahlfälschungen seien in den Provinzen Bagdad, Erbil, Ninewa, Kirkuk, Anbar und Dijala entdeckt worden, sagte Abdul Hussein Hendawi von der Wahlkommission.

In der ethnisch gemischten Stadt Kirkuk im Norden des Landes seien zunächst die Stimmen von zehntausenden umgesiedelten Kurden ausgeschlossen worden. Das sei auf einen Fehler eines internationalen Wahlmitarbeiters zurückzuführen. Die Stimmen wurden schließlich akzeptiert, wie Hendawi erläuterte. Laut Presseberichten sollen in einigen Bezirken Wahlzettel und Urnen gefehlt haben. In anderen seien die Wahllokale wegen einer angespannten Sicherheitslage gar nicht erst geöffnet gewesen. Die Wahlkommission will in den nächsten Tagen entscheiden, was in den betreffenden Stimmbezirken geschehen soll.

Nach vorläufigen Ergebnissen schnitt die religiöse schiitische Vereinigte Islamische Allianz (UIA) besser ab als erwartet. Sie kann mit 130 von 275 Sitzen rechnen. Für eine Regierungsbildung ist aber eine Zweidrittelmehrheit erforderlich – 184 Sitze. Die Kurdische Allianz dürfte etwa 55 Sitzen bekommen, die wichtigsten sunnitischen Gruppen 50 und die säkulare Liste des früheren schiitischen Regierungschefs Iyad Allawi rund 25 Abgeordnete.

„Unserer Auffassung nach haben alle Gemeinschaften des Irak bei diesen Wahlen gewonnen, alle werden eine starke Stimme im neuen Parlament haben“, sagte Jenness auf der Pressekonferenz. „Wir hoffen, dass diese Wahlen den Beginn eines neuen Prozesses der Stärke und Einheit im Irak einleiten werden.“

In den vergangenen Tagen hatten sunnitische Gruppen, die unter Saddam Hussein das politische Leben im Irak beherrschten, und Anhänger Allawis wiederholt gegen die vorläufigen Ergebnisse demonstriert. Aus ihrer Sicht wurden diese zugunsten der schiitischen UIA manipuliert. Gleichzeitig erhöhten sie damit den Druck auf laufende politische Gespräche, bei denen es um die Bildung einer breiten Regierungskoalition geht. Auch die USA setzen auf ein solches Bündnis unter Einschluss der Sunniten und Allawis. Eine derartige Koalition käme praktisch einer Allparteienregierung gleich. Die UIA reklamiert als stärkste Fraktion den Posten des Regierungschefs. Im Gespräch sind der bisherige Ministerpräsident Ibrahim al-Dschaafari von der Dawa-Partei und Abdel Abdul-Mahdi vom Obersten Rat der Islamischen Revolution im Irak.