taz-serie: trend 2006
: Im nächsten Jahr boomt das Geschäft mit der Katastrophe

Hurrikane, Starkregen, Überschwemmungen – die Prognosen der Klimaexperten lassen auch für 2006 Schlimmes befürchten. „Die Ereignisse werden immer extremer“, sagt Henner Alms, Sprecher des Rückversicherungsgiganten Swiss Re. „Nicht nur Nordamerika, sondern auch Japan ist wegen der Taifune von dieser weltweiten Entwicklung besonders betroffen.“

Doch Uwe Ulbrich vom Berliner Meteorologischen Institut warnt auch vor Wetterkatastrophen in Europa: „In Zukunft müssen wir vor allem im Winter immer öfter mit Starkregenfällen und Überflutungen rechnen“. In den Sommern komme es dann häufiger zu extremer Hitze und langen Hitzewellen.

Internationale Rückversicherungskonzerne interessieren sich für solche Wetterprognosen ganz besonders. Denn Versicherungen, die Gebäudeschäden oder Betriebsausfälle ersetzen, sind bei ihnen gegen oft astronomisch hohen Schäden nach einer Naturkatastrophe versichert.

„Für das Jahr 2006 befürchten die Rückversicherer vor allem einen Superwirbelsturm über Florida“, sagt Klimaexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Denn dort sind alle gut versichert.“

Aber die Konzerne sehen in den Katastrophen auch Chancen: Ihre Policen sind gefragt wie nie. Die steigenden Kosten versuchen sie durch angepasste Beiträge aufzufangen. Wilhelm Zeller, Vorstandsvorsitzender der Versicherung Hannover Rück, sagte seinen Aktionären auf der letzten Hauptversammlung: „Wir sehen gute Chancen, unsere Belastungen des laufenden Jahres recht schnell wieder zurückzuverdienen.“ Die Bruttoprämien der Hannover Rück stiegen 2005 um 10,8 Prozent – und dürften weiter wachsen.

Die Münchener Rück, weltgrößter Rückversicherer, will inzwischen sogar die Dividende ihrer Aktien um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei war 2005 „das Katastrophenjahr“, wie ihr Sprecher Florian Wüst betont. Mit 200 Milliarden Dollar Gesamtschäden bilanzierte der Konzern einen neuen traurigen Rekord. 75 Milliarden davon ersetzten die Versicherungen – etwa doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Allerdings betrifft das nicht alle Regionen. Die Katastrophen in der Dritten Welt verursachen den Rückversicherern kaum Kosten. Denn in Bangladesch oder Sri Lanka ist fast niemand versichert.

Wie gefährlich die Klimaveränderungen sein können, zeigte die große Flut in der Schweiz, Österreich und Süddeutschland im vergangenen Sommer. Der Schaden wird auf 3 Milliarden Dollar geschätzt. Über die Hälfte davon, etwa 1,7 Milliarden US-Dollar, war versichert.

Eric Schuh, Sprecher des Versicherers Hannover Rück stellt allerdings fest: „Für Europa besteht das Hauptrisiko in Sturmschäden, hauptsächlich im Winter.“

Die Münchner Rück sorgt inzwischen auf ihre Weise vor. Seit November sammelt sie 110 Millionen Euro über eine Anleihe bei Anlegern an den Finanzmärkten ein. Als Zweck gibt sie an: „Zur sofortigen Absicherung gegen schwere Sturmereignisse in Westeuropa.“ ARNULF WIESCHALLA