Giftboden: Staatsanwaltschaft durchsucht Bundeswehr-Räume

UMWELT Eine Hausdurchsuchung der Polizei beim Betreiber des Tanklagers Farge soll Aufschluss über verseuchte Gewässer und Böden bringen

Die Bundeswehr hatte die Kraftstoffe stets als Altlasten aus einer Zeit bezeichnet, in der sie nicht für das Tanklager verantwortlich gewesen sei

Die Polizei hat in der vergangenen Woche Räume des Tanklager-Betreibers Tan-Quid und des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums in Schwanewede durchsucht. Seit November untersucht die Staatsanwaltschaft, wie Benzin in den Boden des Tanklagers in Bremen-Farge gelangen konnten. Sie ermittelt gegen Unbekannt wegen Verdachts auf Gewässer- und Bodenverunreinigung, wie eine Sprecherin der Bremer Staatsanwaltschaft gestern bestätigte.

Zwischen 1935 und 1941 wurde das größte unterirdische Tanklager der Welt von der Wehrmacht gebaut und später von der US-Armee und der Bundeswehr genutzt. Erhebliche Mengen von hochgiftigen aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX) und Methyltertiär-Butylether (MTBE) waren über Jahrzehnte ins Erdreich gelangt. Die Bundeswehr hatte die Kraftstoffe stets als Altlasten aus einer Zeit bezeichnet, in der sie nicht für das Tanklager verantwortlich gewesen sei. Dem widerspricht allerdings, dass der nachgewiesene Stoff MTBE erst seit den Achtzigerjahren dem bleifreien Benzin beigemischt wurde.

Bereits ab 1968 hatte die Bundeswehr Grundwasser im Bereich des Tanklagers Farge abgepumpt. Erst 2009 informierte die Bremer Umweltbehörde die AnwohnerInnen über die krebserregenden Stoffe in ihrem Grundwasser und warnte vor dessen Nutzung. Heute sind schon mindestens 16 Tonnen Schadstoffe mithilfe einer Filteranlage abgeschieden worden. Die AnwohnerInnen sind verunsichert und verbittert. „Es stinkt wie auf der Tankstelle“, berichtet ein Farger aus seinem Garten. Neben den gesundheitlichen Risiken fürchten die Menschen den sinkenden Wert ihrer Grundstücke. Rund hundert Farger gründeten die Bürgerinitiative „Tanklager Farge“, ein Ehepaar brachte eine Petition ein.

Alle fordern größtmögliche Transparenz bei den Untersuchungen und eine rasche Beseitigung der Umweltschäden: Halbherzige und verspätete Warnungen würden nicht reichen. Vielmehr sollten alle Gutachten und Messungen offengelegt werden.

Der Bund hat den Vertrag mit der Betreibergesellschaft Tan-Quid zu Ende Mai gekündigt und will die 3,6 Quadratkilometer große Anlage verkaufen. Kein guter Zeitpunkt angesichts der aktuellen Situation, denn er sichert zwar zu, sich auch weiterhin um die Reinigung des Grundwassers zu kümmern, aber die Bürgerinitiative bezweifelt, dass das Versprechen auch nach dem Verkauf noch gilt.

Die Ergebnisse der Hausdurchsuchungen und die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen nun Aufklärung darüber geben, wie sich die „Causa Tanklager“ weiterentwickelt. Allerdings wird das wohl noch dauern, da laut Staatsanwaltschaft, „massenhaft Unterlagen ausgewertet werden müssen“.  BRUNO STEINMANN