Der Big Apple wird ein wenig grüner

Per Gesetz wird den New Yorkern das Stromsparen schmackhaft gemacht. Denn für neue Kraftwerke fehlt der Platz

NEW YORK taz ■ New York ist nicht nur die Stadt, die niemals schläft – sie schaltet auch nie das Licht aus. Im Winter kühlen die Mieter ihre überhitzten Wohnungen mit geöffneten Fenstern. Im Sommer erfriert in den Boutiquen der 5th Avenue sogar ein Husky. Doch nun soll im ausgerechnet im Big Apple der Stromverbrauch dramatisch sinken. Damit avanciert New York zum Effizienzmodell US-amerikanischer Städte, sogar noch vor „grünen“ Städten Portland und Seattle.

Was ist passiert? In einem Gestrüpp aus lauter Einzelregularien der letzten Monate und Jahre lässt sich der Wille der Stadtregierung unter Bürgermeister Michael Bloomberg erkennen, Energie zu sparen, wo es nur geht. Mehr als 11.000 Ampeln und Fußgängersignale wurden in den letzten Monaten mit Energiesparbirnen ausgerüstet, die 90 Prozent weniger Strom verbrauchen. Mehr als 180.000 Kühlschränke im sozialen Wohnungsbau wurden gegen Energiesparmodelle ausgetauscht – Ersparnis: 75 Prozent. Per Gesetz darf die Stadtregierung nur noch die sparsamsten Autos, Klimaanlagen und Kopierer anschaffen – bald sollen auch Computer folgen. Schon jetzt hat New York die größte Hybridmotoren-Bus-Flotte der USA, die ersten Hybrid-Taxen cruisen bereits durch die Wolkenkratzer-Schluchten.

Alles Tropfen auf den heißen Stein, argumentieren Umweltgruppen. Immerhin frisst die City fünf Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Trotz früherer Sparmaßnahmen wuchs die Gier nach Strom bislang jährlich um 1,5 Prozent. Der plötzliche Wille zu weniger ist auch keine Laune einer plötzlich ökologisch denkenden Stadtregierung, sondern schiere Notwendigkeit. Um New York herum gibt es einfach keinen Platz mehr für weitere Kraftwerke.

Beim Umdenken helfen jetzt lokale Gesetze, Subventionen des Bundesstaates New York und der Ehrgeiz, dass die Stadt damit USA-weit neue Maßstäbe setzen will. „Die Stadt ist so ein riesiger Stromkonsument, dass wir den Ton angeben sollten, Hersteller können unsere Wünsche nicht ignorieren“, sagte James F. Gennaro aus Queens, Mitglied im Umweltschutzkomitees des Stadtrats. „Was an diesem Unterfangen so Erfolg versprechend ist, ist dass wir Energieeffizienz bewerben, ohne den Leuten zu sagen, dass sie ohne Strom leben sollen“, erklärt Eugene W. Zeltman, Präsident der New Yorker Power Authority, der Energiebehörde. Sein Amt übersieht insgesamt 1.116 unterschiedliche Stromsparprojekte in und um die Megacity.

Erst im Dezember verabschiedete der Stadtrat ein weiteres Gesetz, das den Hauseigentümern und Vermietern Steuernachlass gewährt, wenn sie die energieeffizientesten Haushaltsgeräte anschaffen, die der Markt bietet. Ein weiteres Gesetzespaket sieht vor, dass die Stadt nur noch Strom sparende Computer anschaffen darf – dieses Paket, das immerhin mehrere zehntausende Rechner in der Stadtverwaltung betreffen wird, wurde allerdings vertagt. Computerlieferanten konnten die Stadtpolitiker davon überzeugen, dass die Hersteller in China nicht vor 2008 umrüsten könnten.

ADRIENNE WOLTERSDORF