gemeindeordnung
: Reform für kleine Fürsten

Seit Monaten geistert die Reform der Gemeindeordnung durch die Landtagsflure, jetzt will Ministerpräsident Jürgen Rüttgers offenbar ernst machen. Koalition und Landesregierung wollen das Gesetzespaket schnüren und verabschieden, mit dem die Verwaltungschefs der Kommunen in Nordrhein-Westfalen zu kleinen Fürsten geadelt und die Kompetenzen der Parlamente beschnitten werden.

KOMMENTAR VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Das Projekt Kommunalverfassung sieht in etwa so aus: Acht statt bislang fünf Jahre soll die Amtszeit der Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte künftig dauern, ihre Direktwahl soll von der Wahl der Stadt- und Gemeinderäte entkoppelt werden. Die Stadtoberhäupter sollen ab 2009 in nur einem Wahlgang bestimmt werden; die Stichwahl soll entfallen. Bei der Dezernentenwahl sollen sie die maßgeblichen Entscheidungen treffen. Hinzu kommt: Sämtliche Aufgaben der Stadt, die nicht der unmittelbaren Daseinsvorsorge dienen, sollen in private Hände übergeben werden. Nur ein „dringender öffentlicher Zweck“ schützt dann noch vor dem Ausverkauf.

Und wozu das alles? Die Befürworter der Rüttgers-Reform argumentieren, die Stadtspitzen seien nach der Verfassungsänderung von 1999 insbesondere in den Großstädten so überfordert mit ihrer Doppelbelastung aus Verwaltungsvorsitz und Repräsentanz, dass nur eine Verlängerung der Amtszeit und der Ausbau der Mitarbeiterstäbe sie retten kann. Aber damit ist die Reform nicht zu rechtfertigen. Im Gegenteil: Wenn die Oberbürgermeister überfordert sind, müssen Exekutive und Legislative weiter entflochten werden.

Statt dem OB immer mehr Rechte zu geben, könnten ihm beispielsweise das Ratsmandat und der Vorsitz der Parlamentssitzungen entzogen werden. Das brächte Entlastung. Statt mit Steuermitteln ein Heer von OB-Bediensteten zu fördern, könnte die bislang ehrenamtliche Arbeit der Ratsmitglieder bezahlt werden – gestaffelt nach der Position in den Fraktionen. Statt ein Präsidialsystem auf kommunaler Ebene zu schaffen, sollten CDU und FDP überlegen, wie sie die Bürger besser in die Entscheidungsprozesse einbinden, die sie in ihrer Stadt, in ihrem Dorf direkt angehen. Diese Reform der Kommunalverfassung bringt leider weniger Demokratie, nicht mehr.