Verfahren eingestellt

Staatsanwaltschaft in Estland stellt mangels Beweisen Ermittlungen gegen 85-Jährigen wegen NS-Taten ein

STOCKHOLM taz ■ Mangels Beweisen hat die Staatsanwaltschaft in Estlands Hauptstadt Tallinn das vermutlich letzte Ermittlungsverfahren wegen NS-Verbrechen im 2. Weltkrieg eingestellt. Fünf Jahre war gegen den 85-jährigen Harry Mannil ermittelt worden. Er lebt in Venezuela und soll sich unter anderem mit Autogeschäften ein Millionenvermögen erworben haben. „Die Hände von Harry Mannil sind nicht blutbefleckt“, hatte Staatsanwalt Heino Tonismagi am Freitag die Entscheidung begründet.

Efraim Zuroff, Direktor des Wiener Simon-Wiesenthal-Zentrums sprach von einer „pathetischen Weißwäsche, mit der aus politischen Gründen ein aktiver Nazi-Kollaborateur dank der Unfähigkeit oder Korruption einer Strafverfolgungsbehörde vermutlich nie für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird“. Beim Wiesenthal-Zentrum ist man überzeugt, dass Mannil 1941/42 als Polizeioffizier im Dienste der Nazi-Besatzungsmacht in Estland für die Ermordung oder Deportation von rund 100 Zivilpersonen direkt verantwortlich ist.

Die USA hatten gegen Mannil vor einigen Jahren wegen Verdachts von NS-Verbrechen ein Einreiseverbot verhängt. Aus Costa Rica war er ausgewiesen und mit einem Einreiseverbot belegt worden, als die Beschuldigungen bekannt wurden. Mannil hatte jede Beteiligung an der Ermordung von Juden geleugnet.

Staatsanwalt Tonismagi hatte nach eigenen Angaben zwar Beweise gesammelt, dass Mannil an Verhören von später Deportierten und Ermordeten teilgenommen hatte. Man habe aber weder Dokumente noch Zeugenaussagen dafür finden können, dass er deren Verhaftung direkt angeordnet habe. wolff