Christdynamische Umweltbrösel

CDU-Senat erklärt die Zerschlagung der Umweltbehörde zur Stärkung seiner Umweltpolitik und plant neue Sparmaßnahmen. Rot-grüne Opposition und Naturschutzverbände sprechen von Abwicklung und Beerdigung der Ökologie in Hamburg

Von Sven-Michael Veit

„Das ist die regelrechte Zerbröselung der Umweltbehörde“, resümiert Monika Schaal. Und fügt sarkastisch an, „der Begriff Fortentwicklung ist wohl im Sinne von ‚weg damit‘ gemeint“. Es ist die gestern erteilte Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten zu den geplanten Umstrukturierungen in der Umweltbehörde, die Schaal so aufregt.

Auf 34 detaillierte Fragen, welche die Umweltpolitikerin Ende Dezember auf Grund zweier taz-Berichte an den Senat gerichtet hatte, hat dieser lediglich zwei dürftige Auskünfte erteilt: Die Darstellungen der taz seien sachlich zutreffend, das Ziel der „angestrebten Umorganisation“ allerdings sei, „die Umweltpolitik des Senats zu stärken“. Die Antwort, findet Schaal, „ist schon dreist“, gar „zynisch“ nennt sie der grüne Umweltexperte Christian Maaß.

Denn die Pläne der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt von CDU-Senator Michael Freytag sehen vor, dass dessen Staatsrätin Herlind Gundelach (CDU) neben den Ämtern für Umwelt-, Natur- und Immissionsschutz demnächst auch das für das „Leitbild Wachsende Stadt“ zuständige Amt für Landesplanung übernehmen soll. Im Gegenzug würden Umweltverträglichkeitsprüfungen künftig nicht mehr von den Öko-Fachleuten im bisherigen Amt für Naturschutz und Landschaftspflege durchgeführt werden, sondern von Verwaltungsjuristen im Rechtsamt.

Diese Umorganisation, deren Details zurzeit behördenintern erarbeitet werden, soll zum 1. Mai umgesetzt werden. Danach würde Staatsrätin Gundelach auf dem kürzesten aller Dienstwege mit sich selbst darüber verhandeln können, ob sie Bedenken dagegen hat, ein Biotop zum Gewerbegebiet zu machen. Behördensprecher Volker Dumann hatte diese Absichten auf Anfrage mit dem Hinweis verteidigt, Umweltschutz sei nun mal „eine Querschnittsaufgabe“.

„Abschnitt“ sei wohl treffender, fürchten hingegen Schaal und Maaß. Ihre Auswertung des Haushaltsverlaufs 2005 habe jetzt ergeben, dass im Umweltbereich bereits im vorigen Jahr insgeheim „eine Mittelabsenkung gegenüber 2004 um 20,6 Prozent vorgenommen“ worden ist. Im Zuge der behördlichen Neustrukturierungen solle „eine zusätzliche Sparrate um weitere 25 Prozent erbracht werden“. Die Umweltpolitik in Hamburg, folgert deshalb Schaal, „soll ausgehungert werden“; ihre vollständige „Abwicklung“ befürchtet Maaß.

Beide kündigten an, das Thema auf die Tagesordnung des Umweltausschusses der Bürgerschaft am 11. Januar zu setzen, dessen Vorsitzender Maaß ist. Auch bei den anstehenden Haushaltsberatungen des Parlaments für die nächsten beiden Jahre würden sie die Etatansätze für den Umweltbereich „sehr genau unter die Lupe nehmen“.

Nicht mehr sehr viel verspricht sich davon der Hamburger Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Mit den Vorhaben des CDU-Senats werde „die Umweltpolitik in dieser Stadt endgültig begraben“, lautet der resignierte Kommentar. Auch nach Einschätzung des Naturschutzbundes NABU „gerät der Umweltschutz in Hamburg unter die Räder“.

Aufgrund der neuerlichen Etatkürzungen fragt sich NABU-Sprecher Bernd Quellmalz zudem, wie die Verbände den Rückzug des Staates aus dem Umweltschutz „auffangen sollen“. Seinem Verband sei bereits im Vorjahr der Zuschuss um ein Sechstel auf 100.000 Euro gekürzt worden, bei weiteren Reduzierungen sei die Betreuung des Naturschutzzentrums im Duvenstedter Brook akut gefährdet. Wenn Naturschutz in Hamburg „nur noch ehrenamtlich gemacht werden kann“, sagt Quellmalz, „ist mir schleierhaft, wie das funktionieren soll“.