Öffentliches Geld, privater Einfluss

BREMERHAVEN Die neuen Besitzer der Lloyd-Werft wollen das Gelände für andere Nutzungen öffnen und gleichzeitig den Schiffbau-Betrieb aufrechterhalten, solange es geht – und Bremen dafür zahlt

Für die Betriebsräte ist in der neuen Gesellschaft kein Platz mehr

Der halbstaatliche Logistiker BLG will bei der Lloyd Werft in Bremerhaven einsteigen. Für SPD-Wirtschaftssenator Martin Günthner ist das die „Absicherung und Stärkung des Werftenstandortes“. Die Linkspartei spricht von „Erpressung, Lohndumping und Tarifflucht“.

Das Land Bremen ist doppelt beteiligt: Über die Wirtschaftsfördergesellschaft (WFB) hält der Staat 13,2 Prozent der Anteile an der Lloyd-Werft. Diese will sie für 4,8 Millionen Euro an die BLG verkaufen. Zugleich will die WFB die Verbreiterung des Schwimmdocks von 38 auf 45 Meter mit 8,5 Millionen Euro fördern. So soll das Dock für große Schiffe nutzbar sein. Das Land würde dabei rund die Hälfte der Investitionskosten übernehmen. Hintergrund: Seit dem Ausbau der Kaiserschleuse können größere Schiffe zwar in den Kaiserhafen hineinfahren, die Werft kann sie aber nicht zur Reparatur aufnehmen. Die BLG wiederum hat Interesse an den Flächen der Werft, weil sie in der Nähe Fundamente für Offshore-Windparks lagert. Über die Werft könnte der Umschlag stattfinden.

Diese Neuausrichtung der Geschäftspolitik ist der Hintergrund der Zerschlagung der alten Lloyd-Werft, die der Linken Sorge macht. Im Februar war die Trennung des operativen Werft-Geschäftes von einer GmbH, die die Grundstücke und die Anlagen besitzt, beschlossen worden. Die bisherige Lloyd Werft Bremerhaven GmbH fungiert seitdem als Besitzgesellschaft und wurde umbenannt. Betriebsräte haben im Aufsichtsrat dieser neuen Gesellschaft keinen Sitz mehr – die neue Gesellschaft schaffte ihren Aufsichtsrat schlicht ab. Bei der neu gegründeten Betreibergesellschaft wiederum wurde ein Aufsichtsrat ohne Arbeitnehmervertreter gegründet. In diesem Aufsichtsrat sitzen Dieter Petram als Inhaber und Aufsichtsratsvorsitzender, der frühere Chef der Bremer Wirtschaftsförderung Ulrich Keller als Vize sowie Vertreter des Anteilseigners Bremen und der Bremerhavener Milliardär Karl Ehlerding.

Hintergrund der Trennung ist die Idee, das Gelände für alternative Nutzungen vom Werftbetrieb abzukoppeln. Im Falle einer Schließung der Werft würden diese Grundstücke den Eigentümern erhalten bleiben. Die Werftarbeiter bekamen in der neu gegründeten Firma Arbeitsverträge zu deutlich schlechteren Konditionen angeboten – die Lohneinbußen sollen 16 Prozent betragen. Gleichzeitig wurden Stellen abgebaut. Da die Betriebsräte keinen Einblick mehr in die tatsächliche Lage der Werft haben, ist ihre Verhandlungsposition schlecht.

Die Aufspaltung war, so berichtet der Senat auf eine Anfrage der Linksfraktion, „eine Bedingung für den Eintritt der Investoren Petram und Ehlerding“. 2010 hatte Petram mit 50,2 Prozent der Anteile die unternehmerische Führung bei der Lloyd Werft übernommen, Ehlerding übernahm 36,6 Prozent. Begründung der Aufspaltung, so der Senat, war eine „Risikobegrenzung und zur Geschäftsfelderweiterung“. Mit „Risikobegrenzung“ kann nach Lage der Dinge nur gemeint sein, dass das werthaltige Hafengrundstück mit einer Fläche von 260.000 Quadratmetern bei einer Insolvenz des Werftbetriebes nicht in die Konkursmasse eingehen soll.

Die Linke fragt, ob das Land Bremen aus bisherigen Erfahrungen Konsequenzen ziehen könne „für die Strategie, durch öffentliche Beteiligung die Beschäftigung zu sichern und den Werftstandort weiterzuentwickeln“. Der Senat ist in seiner Antwort verblüffend offen. Wörtlich heißt es da: Die Schaffung und der Erhalt sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze seien „zentrale Anliegen“. Gleichwohl sieht der Senat „keine Möglichkeit“, auf die betriebswirtschaftlichen Belange von privaten Unternehmen des Schiffbaus „Einfluss zu nehmen.“  KAWE