Das Hamburger Modell

Erfolgreiche Umstrukturierung der taz im Norden. Gewerkschaft sagt: „Beispielgebend“

Aus vier mach eins, das wird ab dem Frühlingsbeginn die Kunst der taz-Redaktionen in Hamburg und Bremen sein. Ab März wird die Berichterstattung aus den beiden Stadtstaaten Bremen und Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Regionalteil taz nord zusammengefasst werden. Schon jetzt lässt sich sagen: Es wird eine spannende Herausforderung für die ganze Zeitung werden.

Doch Sturmtaufen hat die taz im Norden schon so einige hinter sich. Und nachdem im ersten Halbjahr 2005 die Anzeigenumsätze bei der taz nord in Hamburg und Bremen stark rückläufig waren und sich auch die verkaufte Auflage nicht stabilisieren ließ, standen Vorstand und Chefredaktion vor der Entscheidung, die Lokalteile auf neuen Kurs zu bringen. taz hamburg und taz bremen sollten zugunsten einer klarer konzentrierten taz nord schließen, lautete der Entschluss, um so die Wirtschaftlichkeit der Nord-Ausgaben zu stärken. Die taz hieße nicht mehr taz, wenn die Belegschaft den Spruch einfach so als Machtwort hingenommen hätte. Die Genossenschaft trat auf den Plan. Sie beauftragte den Vorstand nach einer kontroversen Vollversammlung im September, mit den Beteiligten bis März 2006 ein Konzept zu erarbeiten, das trotz aller notwendigen strukturellen Veränderungen das weitere Bestehen der Lokalteile ermöglicht.

Bis in den Dezember hinein tagte daraufhin im Berliner Rudi-Dutschke-Haus ein runder Tisch mit tazzlern aus Hamburg und Bremen, der Chefredaktion, dem Vorstand und der Geschäftsführung. Und was anfangs kaum jemand für möglich hielt: Das Gremium präsentierte in recht kurzer Zeit einvernehmliche Lösungen sowohl für die Verlags- und Anzeigenabteilungen wie für die Redaktionen.

Für die Anzeigenabteilungen galt es, die Kostenstruktur in den beiden Verlagen in Hamburg und Bremen den gesunkenen Anzeigenumsätzen anzupassen. Um das Anzeigengeschäft nicht an eine Agentur auslagern zu müssen und um Arbeitsplätze zu retten, war es unumgänglich, auch Stellen abzubauen. Für die MitarbeiterInnen in der Anzeigenabteilung in Hamburg wurde nach Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat und durch Beratung der Gewerkschaften Ver.di und DJV Ende Dezember eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die für die ausscheidenden MitarbeiterInnen nicht nur Abfindungen, sondern auch den Übergang in eine Transfergesellschaft vorsieht. Hier können sie sich für neue Beschäftigungsverhältnisse fortbilden.

Sechs MitarbeiterInnen aus Verlag, Anzeigenabteilung und Fotoredaktion der taz hamburg sind inzwischen in diese Transfergesellschaft gewechselt. Auch für die vier MitarbeiterInnen, die in der Hamburger Anzeigenabteilung weiterarbeiten, besteht die Möglichkeit, zum Jahresende 2006 in diese Transfergesellschaft zu wechseln, falls sich das Anzeigengeschäft nicht stabilisieren sollte. In Bremen sind ähnliche Vereinbarungen mit zwei VerlagsmitarbeiterInnen getroffen worden. Beide Seiten sind froh, dass es nach den jahrelangen Streitigkeiten zwischen Geschäftsführung und Hamburger MitarbeiterInnen zu einer Einigung gekommen ist, die gleichzeitig auch den Erhalt von Arbeitsplätzen beinhaltet. So auch die Gewerkschaften. Der DJV kommentierte die Vereinbarung als „erfreulich“, Ver.di als „beispielgebend für die Hamburger Verlagslandschaft“.

Vorbild nicht nur für die hanseatische Zeitungslandschaft soll auch die taz nord sein, die im März vom Stapel läuft. Sie wird dann täglich als Regionalteil mit 3 Seiten für den ganzen Norden sowie jeweils einer lokalen Austauschseite aus Hamburg beziehungsweise Bremen erscheinen. Die lokalen Fenster bleiben also erhalten, wenn auch in geringerem Umfang als bisher. Noch befindet sich das Projekt in der Trockendock-Phase. Die taz-RedakteurInnen im Norden sitzen mit der Chefredaktion gerade über dem neuen blattmacherischen wie personellen Konzept für die neue taz nord, die künftig ihr Standbein in der Medienmetropole Hamburg haben soll. Das bedeutet für einige RedakteurInnen, Bremen Richtung Hamburg verlassen zu müssen, für niemand aber mehr die Entlassung. Die Stellenreduzierung, die auch in der Redaktion notwendig war, wurde dank Fluktuation ohne betriebsbedingte Kündigungen umgesetzt.ANDREAS MARGGRAF, JÖRN KABISCH