Das Universum wird gerettet

ENDE EINER LEBENSLÜGE Das Land bewahrt sein angeschlagenes Wissenschaftsmuseum vor der Insolvenz und betreibt es künftig selbst. Heute soll die millionenschwere Sanierung beschlossen werden

Auch das 100 Millionen Euro teure Klimahaus in Bremerhaven könnte in den kommenden Jahren mal der staatlichen Rettung bedürfen.

■ Noch liegt das 2009 eröffnete Science Center „über den Prognosen“, heißt es. Nach eigenen Angaben kamen seit 2009 „durchschnittlich mehr als 600.000 BesucherInnen“.

■ Doch die Abwärtsbewegung ist schon deutlich erkennbar: 2012 wurden 550.000 BesucherInnen gezählt – etwa 50.000 weniger als 2011 und 150.000 weniger als 2010. Im ersten Jahr kamen sogar noch 800.000 Menschen.

Bremen übernimmt das subventionsbedürftige Universum Science Center. Das soll heute die Wirtschaftsdeputation beschließen. Doch bis hin zur Opposition in der Bürgerschaft sind alle dafür, dass das Museum so vor der Insolvenz bewahrt wird. Das Land verabschiedet sich damit zugleich und endgültig von einer „Lebenslüge“, wie es der grüne Wirtschaftspolitiker Ralf Saxe nennt – der Utopie nämlich, dass das „Universum“ gewinnbringend zu betreiben ist.

Der Preis dafür ist hoch: Bis 2015 müssen zunächst sechs Millionen Euro investiert werden, um Altschulden zu begleichen und die Dauerausstellung zu erneuern. Hinzu kommen die Subventionen für den laufenden Betrieb: In diesem Jahren sollen das 570.000 Euro sein, bis 2018, so hofft man, reduziert sich der jährliche Zuschussbedarf auf knapp 400.000 Euro. Das wiederum setzt allerdings voraus, dass die jährlichen BesucherInnenzahlen sich nach dem Umbau auf dem aktuellen Niveau von 220.000 stabilisieren. Zum Vergleich: In den ersten drei Jahren kamen mehr als 1,5 Millionen Menschen, 2011 waren es noch 265.000.

Doch auch die so genannte „Nullvariante“, also die Schließung des 2000 eröffneten Museums, würde das Land zunächst einmal teuer zu stehen kommen: Bremen müsste in diesem Falle fünf Millionen Euro an Fördergeldern zurückzahlen. Ein Abriss des „Wals“ wäre in diesem Falle „wahrscheinlich“, sagt das Wirtschaftsressort – zumal es momentan keine konkreten Ideen für eine alternative Nutzung gibt. Das würde noch mal 700.000 Euro kosten.

Im grünen Finanzressort gab es gleichwohl Stimmen, die sich für eine geordnete Insolvenz aussprachen, denn sie würde den Haushalt nicht dauerhaft belasten. Doch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), der einen „riesigen Imageschaden“ für Bremen befürchtet, sprach ein Machtwort und verkündete: „Das Universum steht nicht zur Disposition.“

Und so rief die Linkspartei Böhrnsen nun auch zum „Retter des Universums“ aus. „Zum ersten Mal“ in dieser Legislaturperiode habe er „eine handfeste politische Initiative gestartet“, sagte Wirtschaftspolitiker Klaus-Rainer Rupp. „Wir freuen uns über diese Entscheidung.“ Protest kam dagegen vom FDP-Bundestagsabgeordneten Torsten Staffeldt, der von einem „Finanzgrab“ spricht und auf Misserfolge etwa beim Space-Park, der Botanika, dem Musical-Theater oder der Rennbahn verweist: Der Staat sei „kein geeigneter Unternehmer für eine Touristenattraktion“, so Staffeldt. Wer Bremens Erfolge auf diesem Gebiet Revue passieren lässt, könne sich „nur mit Grausen abwenden“.

Die BefürworterInnen der dauerhaften Rettung auf Staatskosten verweisen auf jüngst leicht steigende BesucherInnenzahlen – und darauf, dass der laufende Zuschussbedarf beim Universum immer noch „weit“ unter dem liegt, was andere Institutionen kosten: Treffen die optimistischen Prognosen des SPD-geführten Wirtschaftsressorts ein, dann würden es 2018 nach Behördenangaben pro BesucherIn 1,50 Euro sein.

Hinzu kommt, dass das Universum noch immer das besucherstärkste Bremer Museum ist: In die Kunsthalle kamen im vergangenen Jahr 180.000, ins Übersee-Museum etwas mehr als 100.000 Menschen. Und das Auswandererhaus in Bremerhaven zählte zuletzt knapp 200.000 Gäste.

Die Zahl derer, die regelmäßig ins Universum wollen, ist aber gering: Umfragen zufolge waren nur 15 Prozent der BesucherInnen mindestens vier Mal da, weniger als ein Drittel zum zweiten oder dritten Mal.  MNZ