De Maizière rät zu „wenig Aufregung“ – mit Erfolg

ORTSTERMIN Mit dem Bundesverteidigungsminister im Pentagon? Nein: Mit dem Bundesverteidigungsminister, aber nicht im Pentagon. Weswegen die Haltung des Ministers zu Syrien und Drohnenankäufen vage bleibt und die Medien vor allem aufeinander reagieren

„Ich fordere Sie auf, das Gebäude zu verlassen“

DAS US-VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM BEGRÜSST DIE DEUTSCHE PRESSE

AUS WASHINGTON ULRIKE WINKELMANN

Am Kopf der Treppe, die zu einem der vielen Eingänge des Pentagon führt, steht ein älterer Herr in schlecht sitzendem Anzug und mit unbewegter Miene. „Kein Herumhängen auf der Treppe“, spricht er.

Es könnte sich um einen Vertreter der Protokollabteilung des US-Verteidigungsministeriums handeln. Doch beweist sein Umgang mit den Gästen wenig transatlantischen Charme. Denn der Pressetross, den der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) aus Berlin mit nach Washington gebracht hat, hängt nicht ganz freiwillig nutzlos im Nieselregen auf den Stufen herum. Eigentlich möchten die MedienvertreterInnen ins Ministerium hinein und dort aus dem Mund des deutschen wie des US-amerikanischen Verteidigungsministers Chuck Hagel etwa hören, wie das mit dem Drohnenkauf ist oder wie es in Syrien weitergehen könnte.

Bevor sie den Fassadenabschnitt des riesenhaften Baus weiter verstellt, darf die deutsche Presse dann doch hinein – um nach Absolvierung der Sicherheitsschleuse vom selben Empfangszuständigen zu hören: „Es gibt absolut gar keine Chance, eine Stellungnahme des einen oder des anderen Ministers zu bekommen. Ich fordere Sie auf, das Gebäude zu verlassen.“

Man kann an diesem Dienstag in der amerikanischen Hauptstadt nicht behaupten, dass sich das Imperium dem zweitgrößten Nato-Zahler öffne oder erkläre. Doch ist im US-Fernsehen fast zur selben Zeit schon Präsident Barack Obama zu sehen, der erläutert, dass es keine schnelle Entscheidung darüber geben wird, ob und wie die USA militärisch in den syrischen Krieg eingreifen.

Für einen Einsatz von Giftgas in Syrien gebe es noch keine hinreichenden Belege, so Obama. Es gebe aber verschiedene „Optionen“. Doch offensichtlich hat jede gravierende Nachteile. Eine mögliche Waffenlieferung an syrische Rebellen etwa, von der die Washington Post gehört haben will, birgt das enorme Risiko, dass diese Waffen in falsche Hände geraten. Das US-Hauptstadtblatt schreibt unter Berufung auf hochrangige Quellen: Obama werde nun aggressiver die Führung unter den Verbündeten darin beanspruchen, den syrischen Diktator Baschar al-Assad aus dem Amt zu treiben. Russland solle davon abgebracht werden, Assad zu unterstützen.

Auch der deutsche Verteidigungsminister gibt auf seiner Reise in den USA seiner Ratlosigkeit zum Thema Syrien Ausdruck. Doch hat es für die deutsche Bundesregierung noch stets einen beruhigenden Effekt gehabt, wenn die USA nicht handeln und daher vom Bündnispartner auch nichts verlangen. Zumal de Maizière beim frisch ins Amt gekommenen Chuck Hagel auch deshalb vorspricht, um ihm erst einmal die bundesdeutschen Grenzen eines anderen Militäreinsatzes zu erläutern: Maximal 800 Bundeswehrsoldaten will Deutschland nach 2014 noch in Afghanistan stationiert halten – und auch dies nur, wenn die US-Amerikaner weiterhin den Löwenanteil des internationalen Aufgebots dort stellen.

De Maizière hat allerdings wenig Gelegenheit, seinen Vorstoß vor den mitgebrachten MedienvertreterInnen noch ausführlicher und vorteilhafter darzustellen. Ein Thema, das die Berliner Koalition aus dem Wahlkampf nun eigentlich heraushalten wollte, holt ihn in Washington ein. Denn Spiegel Online meldet, dass eine Voranfrage der Bundesregierung bei den USA nach einer Kampfdrohne positiv beantwortet werde. Der Export von drei „Reaper“-Drohnen und vier Bodenstationen sei genehmigt. Die Opposition in Deutschland protestiert und spricht von einer Umgehung des Bundestags.

Bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz in der Residenz des deutschen Botschafters in Washington will de Maizière dazu Gelassenheit verbreiten. „Ich rate zu wenig Aufregung“, sagt er in die Kameras. Selbst wenn er eine Kaufentscheidung noch vorm Termin der Bundestagswahl im September treffe – der Bundestag werde erst danach befasst. Ein Dementi ist das nicht: Auch er rechne mit einer positiven Antwort, ergänzt de Maizière, doch werde diese „umfangreich“ sein und müsse sorgfältig geprüft werden. Hierbei spielten technische Details eine große Rolle. „Das braucht Zeit.“

Gemeint ist damit, dass das US-Produkt einen unzugänglichen Software-Kern hat, eine „black box“, die den Amerikanern womöglich im Zweifel die Steuerung überlässt. Das Alternativangebot, die israelische „Heron TP“, hätte dieses Problem zwar nicht, gilt aber auch als weniger ausgefeilt.

Das Imperium lässt nicht jeden einfach überall reinschauen.