Arbeiter fordern Tod ihrer Chefs

BANGLADESCH Nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes werden noch 149 Menschen vermisst. Die EU fordert bessere Sicherheitsstandards

DHAKA/BRÜSSEL afp | Die Wut über den Einsturz eines Fabrikgebäudes hat sich in Bangladesch zum Tag der Arbeit in heftigen Protesten entladen: Zehntausende Arbeiter strömten am Mittwoch auf die Straßen der Hauptstadt Dhaka und forderten die Hinrichtung der Besitzer der fünf Fabriken, bei deren Einsturz womöglich mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen waren.

„Hängt die Mörder, hängt die Fabrikbesitzer“, rief die Menge, die mit roten Bannern und Fahnen durch Dhaka zog. Die Arbeiter seien wütend über den „Mord“ an ihren Kollegen, sagte Kamrul Anam, Anführer einer Textilarbeitergewerkschaft. „Wir wollen die härtest mögliche Bestrafung für die Verantwortlichen dieser Tragödie.“ Trotz der Wut der Demonstranten blieb die Kundgebung aber anders als frühere Proteste, bei denen es heftige Zusammenstöße mit der Polizei gegeben hatte, weitgehend friedlich.

Seit dem Einsturz des achtstöckigen Gebäudes nahe Dhaka vor einer Woche wurden nach Armeeangaben 405 Todesopfer geborgen. Es würden noch immer 149 Menschen vermisst. Seit dem Unglück wurden bisher sieben Menschen, darunter der Besitzer des Gebäudes und mehrere Ingenieure, wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung festgenommen. Arbeiter hatten nach dem Unglück berichtet, das Gebäude sei nach der Entdeckung von Rissen am Vortag evakuiert worden, doch seien sie zur Rückkehr gezwungen worden.

Die EU-Kommission rief Bangladesch zum sofortigen Handeln auf, um internationale Sicherheitsstandards einzuhalten. Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken böten sowohl sicherheits- als auch gesundheitstechnisch großen Anlass zur Sorge, erklärten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Dienstagabend in Brüssel. Sie kündigten an, Maßnahmen zu prüfen, um Bangladesch bei der Umsetzung internationaler Standards zu unterstützen. Die EU ist der größte Handelspartner von Bangladesch.