Sühne gefordert

Hinterbliebene machen den Expremier für miese Ausrüstung der Soldaten verantwortlich

BERLIN taz | Die Angehörigen der im Irak gefallenen britischen Soldaten verlangen Antworten von Tony Blair. 28 von ihnen waren gestern im Saal, als der frühere Premierminister vernommen wurde. „Wir sind immer noch hinter ihm her“, sagte Peter Brierley. Sein Sohn Shaun wurde im März 2003 im Alter von 28 Jahren getötet. „Blair sollte sich vor den Angehörigen fürchten.“

Beklagt wurde auch der mangelnde Respekt Blairs bei der Anhörung. „Ich wollte, dass er mir in die Augen schaut und sich entschuldigt. Stattdessen hat er nur gegrinst“, sagte eine Angehörige. Sue Smith, deren 21-jähriger Sohn Phillip Hewett 2005 in Amarah bei einem Bombenanschlag auf seinen Jeep starb, sagt, sie hoffe, dass Blair zur Rechenschaft gezogen werde. Allerdings: „Es wäre für mich tragisch, wenn der Krieg als illegal erklärt würde und mein Junge eigentlich nicht hätte dort sein dürfen“, sagt sie. Viele Angehörige haben es nicht über sich gebracht, der Untersuchung beizuwohnen. Maureen Shearer, deren 26-jähriger Sohn Richard 2005 im Irak ums Leben kam, befürchtet, dass die Untersuchung zu einer Vertuschungsaktion werden könnte und sie Blair eine Ohrfeige verpassen würde, wenn sie in seine Nähe käme. Stattdessen schrieb sie in einem Brief an den Ausschuss, sie mache Blair dafür verantwortlich, dass die Soldaten mangelhaft ausgerüstet waren. „Der Premierminister ist direkt verantwortlich für Richards Tod“, sagt sie. „Er tat, was die USA von ihm verlangt haben. Er log.“ Blair, so behaupten seine Kritiker, habe die Aufrüstung der britischen Armee absichtlich verzögert, weil er vor der Öffentlichkeit und den Oppositionsparteien den Eindruck vermeiden wollte, dass die Invasion des Irak unmittelbar bevorstünde.

Der Labour-Abgeordnete Peter Kilfoyle zweifelt nicht daran, dass Blair das Parlament und die Öffentlichkeit im Vorfeld des Irakkriegs belogen habe. „Blair erweckt stets den Anschein, dass er eine ehrliche Antwort gibt, das weiß ich aus persönlicher Erfahrung“, sagt er. „Dann drehst du dich um und merkst, dass das gar nicht stimmt und dass es sich keineswegs um eine ehrliche Antwort gehandelt hat.“ Genauso wenig zweifelt Kilfoyle daran, dass Blair ungeschoren davonkommen wird, auch wenn sich der Untersuchungsausschuss noch so anstrengt. RALF SOTSCHECK