Ein Pass mit Schönheitsfehlern

Der Prototyp des neuen Energiepasses nützt dem Mieter wenig, so die Verbraucherzentrale NRW. Über die Nebenkosten sagt der Pass wenig aus, bisher wurde kaum ein Gebäude modernisiert

VON GESA SCHÖLGENS

500.000 Wohnhäuser und öffentliche Gebäude müssen sich ab Juni diesen Jahres ausweisen – mit dem „Gebäude-Energiepass“. Dieser Pass informiert potenzielle Mieter und Käufer unter anderem darüber, ob die Fenster gut isoliert sind oder die Heizung zuviel Strom frisst. „Der Pass beschreibt den energetischen Ist-Zustand eines Hauses“, sagt Lale Küçük von der Energieagentur NRW (siehe Interview). Eine spezielle Beratung soll die Hauseigentümer dazu anregen, den Energieverbrauch durch bauliche Maßnahmen zu senken.

In NRW beteiligte sich die Verbraucherzentrale an einem Modellversuch, bei dem zehn Kommunen den von der Deutschen Energie Agentur (Dena) entwickelten Energiepass-Prototyp getestet haben. Allein zwischen April und Dezember 2004 wurden 1.000 Pässe ausgestellt. Modernisiert wurde aber kaum ein Gebäude, obwohl bei 91 Prozent Maßnahmen vorgeschlagen wurden. „Es gibt nun mal keine Umsetzungsverpflichtung für den Eigentümer“, so Projektleiter Ulrich Dobrindt.

Das ist nicht das einzige Problem: „Im Moment lässt der Pass für den Verbraucher noch keine ausreichenden Rückschlüsse auf die Energiekosten zu“, sagt Dobrindt. Vielfach fehle es außerdem noch an qualifizierter Beratung. Im Modellversuch stellten unter anderem Architekten, Ingenieure und Handwerksmeister den Energiepass aus. Welche fachliche Qualifikation die Aussteller haben müssen, stehe aber noch nicht fest, ebensowenig die genauen Kosten: Sie können für einen zehn Jahre gültigen Pass mindestens 300 Euro betragen, je nach Komplexität des Gebäudes auch mehr oder weniger. „Der Preis sollte sich durch den Markt regulieren“, sagt Küçük.

Die Hauseigentümer reagieren bisher zurückhaltend: Der Verein Haus und Grund NRW rät, abzuwarten bis feststeht, wie der Pass genau aussehen soll und wer ihn ausstellt. Der Mieterverbund NRW kritisiert, dass nur potenzielle Mieter profitieren. „Die anderen haben keinerlei Recht auf eine Auskunft“, sagt Mieterbundsprecher Jürgen Becher. In Regionen mit wenig Leerstand hätten die Mieter ohnehin nur wenig Möglichkeiten, Druck auszuüben. Profitieren könnte dagegen die kränkelnde Baubranche: Die Handwerkskammer NRW rechnet mit vielen Sanierungs-Aufträgen.

Eigentlich sollte der Pass schon ab 4. Januar eingeführt werden. Durch den Regierungswechsel in Berlin wurde das Ganze auf Juni verschoben. Noch in diesem Monat will der Bund eine entsprechend überarbeitete Fassung der Energiesparverordnung (EnEV) vorlegen. Die Verbraucherzentrale glaubt aber aufgrund der notwendigen Änderungen nicht daran, dass der Termin eingehalten wird. „Ich rechne damit, dass der Pass erst in einem Jahr kommt“, so Dobrindt.