Der Verfassungswächter

Mit der Forderung nach mehr Bürgernähe tritt Herwig van Nieuwland am Sonntag als Präsident des niedersächsischen Staatsgerichtshofs an, dem Landesverfassungsgericht. Der ist zwar Niedersachsens höchstes Gericht, den meisten Bürgern dürfte er aber unbekannt sein. Denn klagen können sie beim Staatsgerichtshof in Bückeburg nicht. Sehen sie ihre Grundrechte verletzt, müssen sich an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden.

Das will van Nieuwland, im Hauptamt Präsident des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg, ändern. Seit 2005 gehört er dem Staatsgerichtshof ehrenamtlich an und bei seiner Berufung zum Staatsgerichtshof-Präsidenten im März regte er an, die Verfassungsbeschwerde für Jedermann einzuführen. Die gibt es bereits in elf Bundesländern, Niedersachsens Verfassungsgericht können nur Landesorgane anrufen. Und das geschieht selten: Seit 1993 gab es im Schnitt 3,5 Entscheidungen im Jahr. „Da geht noch was“, befand der 60-Jährige bei seinem Amtsantritt vor den Landtagsabgeordneten.

Die haben ihn mit großer Mehrheit berufen, auch von Schwarz-Gelb kriegte er unerwartet Stimmen. Denn noch im Herbst 2012 hatte Ex-Ministerpräsident David McAllister (CDU) offen van Nieuwlands Neutralität angezweifelt. Als der Staatsgerichtshof eine SPD-Klage gegen die Informationspolitik der damaligen schwarz-gelben Landesregierung im Zuge der Affäre um Ex-Bundespräsident Christian Wulff verhandelte, reichte die Staatskanzlei Befangenheitsantrag gegen van Nieuwland ein. Der Auslöser waren Spekulationen, SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil könne van Nieuwland zum Minister in seinem Schattenkabinett machen. Weil dementierte, die Staatskanzlei zog den Antrag zurück.

Statt Minister ist van Nieuwland nun auf Weils Vorschlag höchster Richter. Von der Opposition kriegt er trotzdem Zuspruch: Den Vorschlag für eine individuelle Verfassungsbeschwerde werde man aufgreifen, kündigte die FDP schon an.  THA