Die Achse des Basketballs

Oldenburger Visionen: Mit einem 92:89 Heimsieg über die Telekom Baskets Bonn untermauern die EWE Baskets aus Oldenburg ihre enorme Heimstärke. Rund um die neue Arena herrscht Aufbruchstimmung – auch dank anderer Unterstützung aus dem norddeutschen Raum

Das Zugpferd bei den Baskets sind aber eindeutig die Amerikaner

aus Oldenburg Holger Schleper

Unweit des Oldenburger Hauptbahnhofs ist es gelandet. Ein Ufo, das auch an diesem Samstagabend rot beleuchtet mit gelb-blauen Farbtupfern ein Anziehungspunkt für Tausende in der Stadt ist. Wie immer wird in dem kreisrunden, weithin verglasten Gebilde nicht Platz genug sein für alle, die gerne gekommen wären. Sie müssen draußen bleiben, während drinnen die Basketballer der EWE Baskets Oldenburg weiter daran arbeiten, sportlich in höhere Sphären vorzudringen.

Seit dieser Saison spielt das Team des amerikanischen Trainers Don Beck in einer neuen Halle. Im Mai 2005 öffnete die EWE-Arena ihre Pforten. Die Fans des Teams begannen im Internet-Forum von einem „Ufo“ zu sprechen. Für Don Beck stand aber früh fest, dass der Neubau nicht nur architektonischen Wert besitzt. „An dieser Halle“, prophezeite er schon damals, „werden wir viel Freude haben.“ In sportlicher Hinsicht sollte er Recht behalten.

Denn auch die Telekom Baskets aus Bonn konnten sich gegen die neu gewonnene Heimstärke der Gastgeber nicht durchsetzen. In einer äußerst engen Partie, in der es sieben Minuten vor Schluss noch 78:78 gestanden hatte, errangen die Oldenburger letztlich mit 92:89 den achten Sieg im neunten Heimspiel, womit der vierte Tabellenplatz gefestigt wurde. Beck zürnte trotzdem: „Ich bin sehr unzufrieden mit meiner Mannschaft.“ Immer wieder habe er gepredigt, dass man nur über eine starke Defensive wirklich erfolgreich sein kann. In der Abwehrarbeit aber zeigten sich die Baskets unkonzentriert und sorgten dafür, dass die Partie bis zuletzt spannend blieb.

Becks Unzufriedenheit ist bemerkenswert. Immerhin haben die Baskets in dieser Saison mit 20:10 Punkten ihre stärkste Hinrunde seit 2000 gespielt, dem Jahr ihres Aufstiegs in die erste Basketballbundesliga. Die sechs Neuverpflichtungen der Saison scheinen sich zu bewähren. Allen voran stellen die Amerikaner William Edwards (15,9 Punkte im Schnitt) und LaVell Blanchard (12,9 Punkte) echte Verstärkungen dar. Auch gegen Bonn zeigte sich, dass Tyron McCoy, in den vorigen Spielzeiten der einzig konstante Punktelieferant der Oldenburger, nicht mehr die alles bestimmende Spielfigur ist. Denn gleich vier Spieler der Stammformation (Starting Five) erzielten über 15 Punkte.

„In dieser Saison haben wir neun Spieler auf hohem Niveau“, stellt Hermann Schüller fest. Der 53-Jährige ist einer der beiden Geschäftsführer der OTB Förderungsgesellschaft, die der Taktgeber für die Entwicklung des Oldenburger Basketballs ist. Schüller weiter: „Das Playoff-Halbfinale ist durchaus denkbar.“ Immerhin habe man sich in dieser Saison schon auf Augenhöhe mit dem Ligaprimus Alba Berlin befunden. Gegen die Hauptstädter kassierten die Baskets die einzige Heimniederlage, denkbar knapp mit 98:99.

Die erste Vision der Förderer des Basketballs in Oldenburg scheint sich damit erfüllt zu haben. In den 90ern gab es in der Region das Regionalligateam TSG Westerstede und die Zweitliga-Basketballer des Oldenburger TB. Eine Spielgemeinschaft beider Mannschaften sollte für Erstligareife sorgen. Fünf Jahre wurden für dieses Unterfangen veranschlagt. Schüller dazu: „Wir wussten, dass die Region nicht über ein großes wirtschaftliches Potential verfügt. Aber wenn wir Erstligabasketball in Oldenburg etablieren könnten, stünden wir konkurrenzlos da.“ Tatsächlich sind die EWE Baskets mittlerweile in aller Munde. Denn an Spitzensport herrscht Mangel in und um Oldenburg. Die nächstgelegene sportliche Attraktion sind die Fußballer von Werder Bremen.

Und noch etwas kommt dem aufstrebenden Basketballsport in Oldenburg entgegen: die neue „Achse Bremerhaven, Oldenburg, Quakenbrück“, wie es Schüller nennt. Alle drei Städte aus dem nördlichen Niedersachsen halten sich derzeit in den oberen Rängen der Tabelle auf. Vor allen Dingen die unheimliche Erfolgsserie der Eisbären Bremerhaven, die als Aufsteiger unter denkbar schlechten infrastrukturellen Bedingungen derzeit den dritten Platz in der Tabelle innehaben, lenkte Aufmerksamkeit auf den Basketball im Norden der Republik. Hinzu kommen die Spiele der EWE Baskets gegen die Artland Dragons aus Quakenbrück. Diese heiß umkämpften Partien haben mittlerweile einen Derbycharakter angenommen. Auch zwischen den Spielen wird in den Fanforen diskutiert, in welcher Halle die bessere Stimmung herrscht und vor allen Dingen, wessen Maskottchen der bessere Anheizer ist: Der grüne Drache aus dem Artland oder der gelbe Adler in Oldenburg.

Das Flaggschiff der Förderungsgesellschaft – die EWE Baskets – ist somit auf Kurs. Doch die Visionen in Oldenburg reichen weiter. Neben der EWE-Arena, die sich im Besitz der Stadt befindet, wurde ein neuer Geschäftsstellen- und Trainingskomplex errichtet, dessen Eigentümer die Gesellschaft ist. Neben optimalen Trainingsbedingungen für die Baskets finden sich hier niedersächsische Talente ein, die von Trainern des Landesverbandes gefördert werden. Dabei gehe es nicht darum, Talente nach Oldenburg zu locken, betont Schüller. Vielmehr träumt der 53-Jährige, der selbst fünf Jahre für verschiedene Münchener Vereine in der Basketballbundesliga aktiv war, von deutschen Spielern, die in fünf bis zehn Jahren das Leistungsvermögen amerikanischer Basketballer besitzen.

Das derzeitige Zugpferd sind aber eindeutig die Amerikaner in den Reihen der Baskets. „Die brauchen wir, um dass Spiel erst einmal attraktiv zu machen für die Fans“, sagt Schüller. Gleich acht Amerikaner tummeln sich unter den dreizehn Spielern der Baskets, dazu kommen ein Rumäne, ein Lette und drei deutsche Spieler. Die Vorgabe der Bundesliga von zwanzig Prozent des Kaders, die aus Deutschland stammen sollten, wird damit soeben eingehalten.

Der Erfolg gibt den Oldenburgern Recht. Allein die Zuschauerkapazität der neuen Arena bleibt ein kleiner Wermutstropfen. 3.148 Plätze bietet die Halle, die fast zu 99 Prozent ausgelastet ist. Gegenüber dem vorherigen, größeren Heimspielort Weser-Ems-Halle ist deshalb ein Zuschauerrückgang von 15,6 Prozent zu verzeichnen. „Sicher ist die Architektur eher schön als funktionell“, meint Schüller dazu. Aber wirklich beschweren möchte er sich nicht. „Derzeit ist die Euphorie groß. Aber jetzt gilt es erst einmal, die weitere Entwicklung abzuwarten.“ Danach ist immer noch Zeit für neue Visionen.