Licht wird auch am Tage Pflicht

Nach Plänen von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee müssen bald auch in Deutschland Autofahrer am Tag das Licht einschalten. Andere Länder haben damit gute Erfahrungen gemacht. Tiefensee hofft auf eine EU-weite Vorschrift

AUS BERLIN DAVID DENK

He, du Idiot! Blinkblink. Wer tagsüber mit eingeschaltetem Abblendlicht durch Deutschland fährt, muss damit rechnen, dass andere Autofahrer ihn mit der Lichthupe maßregeln. Das dürfte sich bald ändern. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigte gestern in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP an, dass in Deutschland bald jeder am Tag sein Licht einschalten muss.

Damit setzt er den Kurs seines Vorgängers Manfred Stolpe (SPD) fort, der im Oktober die deutschen Autofahrer unter dem Motto „Licht? Immer!“ aufgerufen hatte, auch am Tag mit Licht zu fahren – und damit dem Beispiel vieler anderer, vor allem skandinavischer Länder, zu folgen: In Dänemark, Estland, Finnland, Island, Italien, Lettland, Norwegen, Rumänien, Schweden, Slowenien, Kroatien, Mazedonien, Österreich, Finnland und Ungarn gilt schon heute am Tag Lichtpflicht, teilweise allerdings nur außerorts, in Litauen, Polen und Tschechien nur im Winter.

Durch ein EU-weites „Tagfahrlichtgebot“ würde sich nach einer Untersuchung des niederländischen SWOV-Instituts für Straßensicherheit die Zahl der Unfälle jedes Jahr um 1,9 Millionen reduzieren, die der Verletzten um 155.000 und die der Verkehrstoten um 5.500.

Beeindruckende Zahlen, die Tiefensee dazu veranlasst haben, die Pläne zu forcieren. Das Fahren mit Licht am Tage leiste „einen großen Beitrag zur Verkehrssicherheit“ und müsse bald Pflicht werden, „und zwar nicht erst zu dem Zeitpunkt, wenn alle Fahrzeuge mit Tagfahrleuchten ausgerüstet sind“. Einen Stichtag nannte Tiefensee nicht. „Die Neuwagen fahren mit Tagfahrlicht, die anderen müssen Abblendlicht einschalten“, erklärte er die Übergangsregelung.

Darüber hinaus strebe Deutschland gemeinsam mit den Niederlanden „einheitlich für die Europäische Union eine Verpflichtung an, Neuwagen serienmäßig mit Tagfahrleuchten auszurüsten“, sagte Tiefensee. Solche Leuchten schalten sich beim Starten des Motors automatisch ein, sind nicht so hell wie das Abblendlicht und verbrauchen daher wesentlich weniger Energie. Der Verbrauch liegt bei lediglich 6 bis 16 Watt – auch weil die anderen Stromfresser wie Rücklicht und Kennzeichenbeleuchtung in diesem Modus entfallen. Zum Vergleich: Abblendlicht verbraucht rund 180 Watt und treibt damit den Kraftstoffverbrauch um 0,1 bis 0,2 Liter Benzin auf 100 Kilometer in die Höhe. Angesichts der stetig steigenden Spritpreise ist dieser Mehrverbrauch von bis zu 4 Prozent nicht zu unterschätzen.

Tagfahrleuchten lassen sich auch problemlos nachrüsten. Das Set erhält man im Zubehörhandel ab etwa 50 Euro. Wer sich die Installation nicht zutraut, muss mit zusätzlich rund 80 Euro für den Werkstatteinbau rechnen.

In der Diskussion über die Lichtpflicht war auch immer wieder die Sorge um Motorradfahrer geäußert worden. Schon bisher muss bei Motorrädern immer der Scheinwerfer an sein. Wenn alle das Licht eingeschaltet haben, könnten sie weniger auffallen. Tiefensee will sich mit seinen Beamten einen zusätzlichen Schutz überlegen und hat Untersuchungen in Auftrag gegeben.