Party macht noch keine Metropole

Ewige Fanmeile 17. Juni

Jetzt haltet euch fest, ihr Lokalpolitiker

Oleeeeoleoleoleeeee: Der Tiergarten bekommt mal wieder eine Fanmeile, wenn auch nur für einen Abend. Zum Champions-League-Finale am 25. Mai soll die Straße des 17. Juni zwischen Großem Stern und Brandenburger Tor dichtgemacht werden, damit der vom Verkehr befreite Raum mit Großleinwänden, Fans und Bierbechern aufgefüllt werden kann. Möglich macht es das Bezirksamt Mitte, das dem interessierten Veranstalter gleich nach dem Bayern-Sieg in Barcelona beste Aussichten auf die Ausrichtung des Events einräumte.

Natürlich vergaß Mittes SPD-Bürgermeister Christian Hanke nicht zu erwähnen, dass der Große Tiergarten „nicht zur Dauer-Festmeile“ werden dürfe, allein: „Bei diesem deutschen Endspiel sind die Emotionen sehr stark, dass es ein schönes Fest werden könnte.“ Schön laut wird es, so viel ist schon mal sicher, und schön eng, wenn in London irgendwer Tore schießt und am Ende die Deutschen gewinnen.

Ist ja in Ordnung. Sollen sie feiern. Aber wie schön wäre es, Berlin lernte endlich von London, Paris, New York und anderen echten Metropolen, dass große innerstädtische Erholungsflächen viel zu wertvoll sind, um sie ständig entweder mit Motorenlärm oder mit Fangekreisch und Kommerzgedröhn zuzumüllen.

In der britischen Hauptstadt etwa sind die Achsen durch St. James’ und Hyde Park an den Wochenenden verkehrsberuhigt. Ein großartig urbanes Gefühl, lässig quer über die Mall zu flanieren und höchstens ein paar Queen’s Guards auf dem Weg zur Wachablösung Platz machen zu müssen. Und die Stadt an der Seine beweist mit dem urbanen Strand „Paris Plage“, dass man eine zentrale Straße wochenlang für ein ziemlich unkommerzielles Beachlife sperren kann, ohne dass gleich die Stadt kollabiert.

Warum kann Berlin so etwas nicht? Warum können seine Verantwortlichen so etwas noch nicht mal denken? Ist es dieses mutmaßlich deutsche Ding, immer etwas machen, schaffen, leisten zu müssen? Und wenn dieses „etwas“ nicht „Mobilität“ heißt, dann eben „Spiel & Spaß“?

Hankes Beteuerung, man wolle keine Dauerfestmeile, ist jedenfalls alles außer glaubwürdig. Gerade erst haben Senat und Bezirk Millionen lockergemacht, um dem Straßenabschnitt eine funktionierende Infrastruktur mit Wasser- und Stromanschlüssen, Lautsprecheranlage und Fluchtwegen zu verpassen. Das Geld muss eingespielt werden.

Aber jetzt haltet euch fest, ihr Lokalpolitiker: Wenn die letzte Bratwurst verdrückt, der letzte Werbeballon geplatzt und der letzte Fan abtransportiert ist, werdet ihr merken, dass eine Party noch keine Metropole macht.

CLAUDIUS PRÖSSER