Schulze gets the job

POPULISMUS Die Deutschen nehmen den Schweizern die Arbeitsplätze weg – sagt nicht nur die rechte SVP

Eigentlich ist es eine normale Stabübergabe: Als Nachfolgerin des Medienprofessors Roger Blum tritt am heutigen Montag die in Stuttgart-Hohenheim promovierte Kommunikationswissenschaftlerin Silke Adam ihre Assistenzprofessur-Stelle an der Universität Bern an. Doch der Amtswechsel wird begleitet von Kritik – als Zeichen einer angeblichen „Überfremdung der Schweiz durch Deutsche“. Denn die ursprünglich von der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) in Zürich initiierte und zunächst lediglich von ihrem publizistischen Schlachtschiff Weltwoche mitgeschürte fremdenfeindliche Stimmungsmache gegen Deutsche in der Schweiz findet jetzt auch Unterstützung bei seriösen und liberalen Medienschaffenden und Politikern sowie in anderen Teilen der Deutschschweiz.

„Es ist ein Fehler, dass wir mit den Deutschen Hochdeutsch reden“, erklärte der bislang als weltoffen geltende Zürcher Medienunternehmer Roger Schawinski letzte Woche in der politischen Diskussionsrunde „Club des Schweizer Fernsehens“. Schawinski, bis 2006 drei Jahre lang Chef von Sat.1, forderte, die Deutschen in der Schweiz sollten künftig den örtlichen Dialekt sprechen. Seine Begründung „Bei den Jugoslawen in der Schweiz sagen wir ja auch, die Integration geschieht vor allem über die Sprache.“

Der langjährige sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete Rudolf Strahm beklagte im „Club“ das „Problem der Verdrängung schlecht ausgebildeter Schweizer durch besser qualifizierte Deutsche auf dem Arbeitsmarkt“. Belege dafür nannte Strahm keine. Arbeitsmarktexperten widersprechen der These von der Verdrängung gerade mit Blick auf das Gesundheitssystem, den Bildungsbereich und andere Sektoren des Arbeitsmarktes, in denen seit Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU besonders viele Deutsche eine Stelle gefunden haben – weil es überhaupt keine oder nur deutlich schlechter qualifizierte Schweizer BewerberInnen gab. Auch Silke Adam setzte sich durch gegen 31 MitbewerberInnen aus verschiedenen Ländern – darunter lediglich zwei Schweizer –, weil sie dem von der Universität formulierten Anforderungsprofil am besten entsprach. Doch unter Missachtung all dieser lästigen Fakten sah der SVP-Abgeordnete Christoph Mörgeli in der „Club“- Sendung hinter der Berufung Adams nur „deutsche Seilschaften am Werk“. Ihm sei in der Schweiz „kein deutsch besetzter Lehrstuhl bekannt, für den sich nicht ein ebenbürtiger Schweizer beworben“ habe, erklärte der SVP-Politiker. Zudem sei es Ausdruck der Schweizer „Kriechhaltung gegenüber den Deutschen“, dass die Universität in Bern kürzlich die Ehrendoktorwürde an Bundeskanzlerin Angela Merkel verliehen hat.

Mörgeli, einer der Drahtzieher der Hetzkampagne seiner Partei gegen den „deutschen Filz an der Uni Zürich“, hatte sich dort selber kürzlich um die Leitung des Medizinhistorischen Instituts beworben – neben weiteren KandidatInnen aus der Schweiz, Deutschland und anderen Ländern. Mangels ausreichender Qualifikation war der SVP-Politiker aber nicht einmal in die engere Auswahl gekommen. Dennoch behauptete Mörgeli in der „Club“-Diskussion: „Es geht nicht um mich“ – um sich dann gleich selber mit dem Satz zu dementieren: „Aber wenn man hier immer Steuern und Militärdienst geleistet hat, dann staunt man schon ein bisschen, wenn der Chef plötzlich Schulze heißt.“ANDREAS ZUMACH