Der Renten-Paternalist

Der 2. Mai dürfte für Heribert Karch, den Geschäftsführer des Versorgungswerks Metallrente, ein guter Tag gewesen sein. Die Berliner Zeitung hatte seine Studie als Aufmacher auf Seite 1 gedruckt. „Jugend so optimistisch wie noch nie“, hieß die Überschrift. Darunter: „95 Prozent schätzen ihre Situation als sehr gut ein / Aber wegen mangelnder Vorsorge droht vielen Altersarmut“. Der eigentliche Coup war der Schlussabsatz des Artikels: „Die Autoren fordern ein Umsteuern in der Rentenpolitik. Betriebliche und individuelle Altersvorsorge dürften nicht mehr freiwillig sein.“

Das Versorgungswerk, eine Einrichtung von Metallarbeitgebern und IG Metall zur betrieblichen Altersvorsorge, steht unter Druck. Die Jüngeren schließen nicht genügend Betriebsrenten ab. Karch diskutiert in der Studie deshalb stärkere Verpflichtungen zum Abschluss einer solchen Altersversorgung. Dazu gehört auch die Frage, ob Beschäftigte zukünftig automatisch einzahlen sollen, sie sich also nur durch ein bewusstes Nein dagegen entscheiden können. Heimliche Hoffnung: Viele Jüngere sind dafür zu faul. Karch, früher Leiter der Abteilung Tarifpolitik beim IG-Metall-Vorstand, spricht offiziell lieber von einem „libertären Paternalismus“. Wer soll das drucken, wenn es nur in einer Pressemitteilung steht?

Besser ist: eine Studie. Man nehme: einen möglichst prominenten Wissenschaftler als Herausgeber (den Jugendforscher Klaus Hurrelmann). Einen möglichst originellen Aufhänger, der mit der eigentlichen Botschaft nichts zu tun hat („Jugend optimistisch wie noch nie“), aber sie mit ins Blatt hievt. Und setze auf Medien, denen beim Wort „Studie“ alle Sicherungen durchbrennen, die sie sonst davor schützen, PR-Müll ungefiltert abzudrucken. Was funktioniert hat. MARTIN REEH