Kein Platz für Flüchtlinge

Senat setzt Abbau von Flüchtlingsunterkünften fort: Weil der Bedarf stetig sinke, sollen 28 weitere Heime schließen. Wohnschiff fällt an Reeder zurück. Diakonie bezweifelt Rückgang der Flüchtlingszahlen und geißelt „Vertreibungspolitik“

Von Eva Weikert

Hamburg hält immer weniger Unterkünfte für Flüchtlinge bereit: Die Sozialbehörde hat gestern angekündigt, die Zahl der Wohnheimplätze bis Jahresende um weitere 2.165 zu reduzieren und 28 Häuser zu schließen (siehe Kasten). Gegenüber 2003 hätte der Senat damit eine Halbierung erreicht: Damals gab es 17.800 Plätze in 140 Häusern.

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) argumentiert, der Bedarf gehe zurück. Kritiker halten dagegen, aufgrund einer rigiden Asylpraxis lebten immer mehr Flüchtlinge im Untergrund. Die Flüchtlingsbeauftragte von Nordelbien, Fanny Dethloff, sagte, der Abbau der Unterkünfte sei Teil einer „Vertreibungspolitik“, die alle „unliebsamen Themen“ in der Stadt umfasse: „Flüchtlinge gehören ebenso dazu wie Bettler.“

Aus Sicht der Sozialbehörde wird ein Teil der Heime nicht mehr benötigt, weil 2005 nur noch etwa 700 Asylsuchende hierher gekommen seien nach mehr als 1.000 in 2004. Auch habe der Senat „zahlreiche“ Menschen abschieben lassen. Zudem seien Migranten Wohnungen vermittelt worden.

Schon seit 2004 lässt Schnieber-Jastram Plätze abbauen, so dass derzeit noch 11.000 bereitstehen und der Etat für die Flüchtlingsunterbringung um 13 auf 21 Millionen Euro gesenkt werden konnte. Parallel dazu hat das Innenressort beschlossen, das Zentrale Erstaufnahmelager für Flüchtlinge vom Wohnschiff „Bibby Altona“ nach Mecklenburg-Vorpommern zu verlegen. Ein Sprecher der Innenbehörde teilte gestern mit, Ende September gehe das Schiff an den britischen Reeder zurück. Pläne für eine vorübergehende Nutzung als Herberge für WM-Besucher seien fallen gelassen worden.

Über die Verwendung der frei werdenden Flüchtlingsheime sagte Schnieber-Jastrams Sprecher Rico Schmidt, „der Großteil“ der Flächen und Gebäude sei angemietet und falle an die Eigentümer zurück. Ein kleinerer Teil werde für Obdachlose bereitgestellt. Die Bewohner würden auf verbleibende Häuser „verteilt“, so Winfried Sdun, Sprecher des Unternehmens „pflegen&wohnen“, das neben den Bezirken die Heime betreibt. Die Option, eine eigene Wohnung zu bekommen, habe nur der „kleinere Teil“ der bleibeberechtigten Zuwanderer.

Die Schließungswelle im Vorjahr hatten soziale Organisationen kritisiert. Sie wiesen darauf hin, dass die Mehrheit der Unterkunftsbewohner keinen sicheren Aufenthaltsstatus hat und zur Anmietung einer Wohnung gar nicht berechtigt ist. Die meisten Migranten würden nur umgesiedelt, Familien aus ihrer vertrauten Umgebung und Kinder aus ihren Schulen gerissen.

Auch sei Panik vor Abschiebung ausgebrochen, weil lange nur Gerüchte über Schließungen kursierten. Schmidt versicherte gestern, diesmal würden die Bewohner „drei Monate vor der Schließung unterrichtet“. Auch werde sich die Behörde bemühen, „Wünsche zu sozialen Bezügen möglichst zu berücksichtigen“.

„Gegen die Schließung ist nichts zu sagen, wenn es Alternativen gibt und die Flüchtlingszahlen wirklich zurückgehen“, reagierte Dirk Hauer, Migrationsreferent der Diakonie: „Beides aber bezweifeln wir.“ Der Bedarf sei weiter da, weil nur die offiziellen Zahlen fielen. Die Kirche beobachte, dass immer mehr Zuwanderer ohne Anmeldung hier lebten wegen der scharfen Asylgesetze, die kaum Hoffnung auf ein Bleiberecht machten.

Zugleich kritisierte Hauer, der Senat versperre Menschen mit dem wackeligen Duldungsstatus „aus politischen Gründen“ den Wohnungsmarkt: „Dabei gibt es dafür keine rechtlichen Gründe.“