Strategie: Hinterzimmer oder Umland

Die Bremer NPD scheut die Öffentlichkeit. Trotzdem verkündet die Partei, neue Mitglieder gewonnen zu haben

Bremen taz ■ Ausgerechnet am Universitätskiosk lag gestern die „Deutsche Stimme“, die Parteizeitung der NPD, aus. Nach Beschwerden von Studierenden nahmen die Angestellten das Blatt wieder aus der Auslage.

Eigentlich sucht die Bremer Neonaziszene nicht die Öffentlichkeit.

In anderen Bundesländern marschieren die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) und die „Freien Kameradschaften“ (FK) auch außerhalb der Wahlkämpfe auf. Doch in der Hansestadt wirken die militanten Rechten zwischen Partei-, Musik-, und Hooliganszene unauffällig im Hintergrund.

Mal eine Verteilung der NPD-Gratis-CD „Hier kommt der Schrecken aller linken Spießer und Pauker“, mal eine Verklebung von Plakaten zu Ehren des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess. Sonst trifft sich die Szene in Bremen in geschlossenen Räumen oder läuft in anderen Bundesländern offen auf. Die Strategie des ruhigen Agierens hat Erfolg.

Stolz verkündet der NPD-Landesverband um Horst Görmann, dass sie neue Mitglieder gewonnen hätten. Seit Kurzem veranstaltet die Partei mit jetzt mehr als 60 Mitgliedern Diskussionsabende mit bekannten Neonazis wie Christian Worch. Jede zweite Woche trifft sich die NPD-Bremen-Nord zum Stammtisch. Vor einem Jahr seien vier Gäste zu der Gruppe von Jörg Hendrik Wrieden gekommen, jetzt kommen nach Angaben des Landesverbandes an die 20 Besucher. Bei der Bundestagswahl erlangten sie in Bremen 1,4 Prozent, im Norden gar 6 Prozent.

Zu den NPD-Events geht auch die „Freie Kameradschaft Bremen“, deren festen Kern rund 20 Personen bilden. Sie bemühen sich verstärkt rechtsorientierte Jugendliche einzubinden. Gern fahren sie mit Interessierten zu Rechtsrockkonzerten. Ein beliebter Treffpunkt ist die Gaststätte „Niebuhr“ in Syke-Heiligenfeld. Seit Karfreitag 2005 konnte das „Bündnis gegen Rechts“ alleine zehn Veranstaltungen zählen. Als Gast vor Ort auch Lutz Henze, der den rechtsextremen „Heimdall-Shop“-Versand in Bremen betreibt.

Im Angebot auch die Musik von „KC - Hungrige Wölfe“. Die Bremer Rechtsrocker um Hannes Ostendorf kommen aus der rechten Hooligan-Szene. Ostendorfs Bruder Henrik, der bei der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ arbeitet, pflegt diese Kontakte seit Jahren. Über 30 Hooligans haben sich als „Standarte 88“ zusammengeschlossen, die seit mittlerweile 15 Jahren besteht.

Der Bremer Verfassungsschutz bestätigt die Zusammenarbeit der Spektren. Auch das die NPD in Bremen Beziehungen zu der türkischen Partei der „Nationalistischen Bewegung“ (MHP) hat, ist dem Verfassungsschutz bekannt. „Die rechte Szene ist aber recht klein“, betont der Amtsleiter und meint: „Alles nicht so dramatisch.“ Im letzten Jahr musste die Polizei allerdings Veranstaltungen gegen Rechts schützen. Vielleicht ein Grund, weswegen die Rechten diese nur beobachteten. Bei linken Demonstrationen fotografieren Rechte vermehrt die Teilnehmer. „Die Anti-Antifa-Aktivitäten sind gestiegen“, sagt die Sprecherin einer Bremer Antifa-Initiative.

Zurzeit belastet die rechte Szene der Ausstieg von Tanja Privenau, vormals bei den „Freien Kameradschafen“, die nun von dem Aussteigerprogramm für Rechtsextreme, EXIT, betreut wird. In den einschlägigen Internetforen überlegt man, was sie dem Verfassungsschutz weitergeben könnte. Ihr Noch-Ehemann Markus Privenau, bei der NPD und den FK aktiv, betont: „Nicht interessiert bin ich an tätlichen Übergriffen auf meine Frau.“ Er befürchtet wohl juristische Konsequenzen für sich.

Andreas Speit