Lächelnd wendet er die Würstchen auf dem Rost

Jan Feddersens Gastrokritik: Herr Zhaos mobiler Bratwurststand am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte – mit Senf und interkulturellem Touch

Der Mann unter der blauen Pudelmütze redet mit einem Ehepaar. Und zwar in angeregtestem Kantonchinesisch, wie er mir hinterher sagt. Er heißt Dajiang Zhao, ist 30 Jahre alt, stammt aus China und studiert an der Technischen Universität Umwelttechnik. Seine Ausbildung finanziert er mit mobilem Bratwurstverkauf. „So kann ich mir das Leben hier finanzieren“, sagt er, nun in perfektem Deutsch. Sein Kumpel heißt Benoît Ribot, ist sechs Jahre jünger, Franzose, studiert auch und löst ihn in diesem Moment ab.

Das heißt, er nimmt ihm die Bratwurstverkaufsausrüstung ab. 25 Kilogramm wiegt diese Gerätschaft, zwei Stunden kann man sie nach Erfahrung der Herren Zhao und Ribot tragen. Hinten auf dem Rücken befindet sich ein kleiner Gasofen, dessen Schlauch zum Mikrogrill vor dem Bauch langt – die Hände bleiben, das freut Herrn Zhao sehr, bei diesem Winterwetter warm. „Aber die Füße, die werden zu Eis“, sagt Monsieur Ribot und lacht. Egal, die werden ja auch nicht zum Verkaufen benötigt.

Beide haben den Job an der Jobberbörse der Uni akquiriert. Beide sind froh, ihn zu haben. „Man verkauft gutes Essen und trifft nette Leute.“

Global friendship? „Ich mag die Deutschen und das, was sie essen“, sagt der Chinese freundlich. Ja, mag Monsieur Ribot anfügen, „es kann sehr lecker sein.“

Recht hat er, denn die Bratwürste, die sie feilbieten, sind von frischester Art, schön grau im Rohzustand und später knusprig und mit leicht krosser Haut.

Manchmal kann man Pech haben, das habe ich erlebt, dann interessiert sich irgendein anderer Wurstverkäufer nicht für die Qualität seiner Jobausführung und reicht eine Wurst, die innen noch fad schmeckt. Zhao wie Ribot schwören aber, dass das Trinkgeld einfach nicht fließen will, geht man unlustig mit der Laufkundschaft um. 1,35 Euro kostet ein Exemplar im Brötchen, liebevoll garniert mit Ketchup und Senf. 1,35 Euro ist gut, weil „da bleibt noch Platz zum Aufrunden auf 1,50 Euro“. Einige zahlen auch mal 2 Euro glatt. Aber die sind selten.

Ein solches Wurstmobil gibt es auch am Alexanderplatz. Da hat man es, zumindest meiner Erfahrung nach, mit aufgemotzten Kaufhausleuten zu tun, die es viel zu rasch haben – Schnäppchenmaniker wohl.

Man braucht sich übrigens keine Sorgen zu machen … 25 Kilogramm auf dem Buckel, die Sehnen und Bänder, die Last der Erde, des Elends, der Globalisierung, des Arbeitsgeräts, was auch immer? Phantasmen. Herr Zhao sagt sehr einleuchtend: „Man bekommt ganz schön Rückenmuskeln. Das gefällt mir.“ Lächelnd wendet er seine zwölf Würstchen auf dem Rost.

BRATWURSTSTAND am Bahnhof Friedrichstraße (auf der Seite zum Kulturkaufhaus Dussmann hin), Mo. bis Fr. 10 bis 19.30 Uhr, Sa. bis 18.30 Uhr.Bratwurst mit Senf wie Ketchup nebst Serviette und Brötchen: 1,35 €