Beweis für CIA-Verhöre in Osteuropa?

Laut einem in der Schweiz abgefangenen Fax soll Ägyptens Regierung von CIA-Gefängnissen in Rumänien, der Ukraine, Bulgarien, Mazedonien und Kosovo wissen. Die Regierungen dementieren, die Schweiz sucht das Leck im Geheimdienst

BERN/BERLIN dpa/taz ■ Die Veröffentlichung eines Faxes über die Existenz geheimer CIA-Gefängnisse in Europa hat die Schweiz in helle Aufregung versetzt. „Schweiz bringt CIA in Bedrängnis“, titelte gestern der Tages-Anzeiger aus Zürich.

Die Enthüllungen der Boulevardzeitung SonntagsBlick, dass der Schweizer Geheimdienst ein zwischen dem ägyptischen Außenminister Ahmed Abul Gheit und der ägyptischen Botschaft in London versandtes Fax abgefangen hat, dürfte nach Einschätzung der Medien auch international zu erheblichen Verwicklungen führen. Das Verteidigungsministerium ist auf der Suche nach der undichten Stelle und behält sich „rechtliche Schritte vor“.

Inzwischen hat bereits der bulgarische Außenminister Iwajlo Kalfin reagiert und dementiert, dass es in Bulgarien geheime Hafteinrichtungen der CIA gebe. Auch eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Bukarest wies den Bericht zurück. An der Echtheit des Faxes gab es gestern aber kaum noch Zweifel. Das Verteidigungsministerium bestätigte gestern die Existenz des als „geheim“ klassifizierten Schreibens, lehnte aber wegen der „besonderen Sensitivität des Dokuments“ eine inhaltliche Stellungnahme ab.

In dem Fax heißt es, die ägyptische Botschaft habe „aus eigenen Quellen erfahren, dass tatsächlich 23 irakische und afghanische Bürger auf dem Stützpunkt Mihail Kogalniceanu in der Nähe der (rumänischen) Stadt Constanza am Schwarzen Meer verhört wurden“. Ähnliche Verhörzentren gebe es in der Ukraine, im Kosovo, in Mazedonien und Bulgarien.

In der Schweiz haben sich bereits mehrere Gremien in die CIA-Affäre eingeschaltet. So hatte die Bundesanwaltschaft wegen der möglichen Nutzung der Schweiz und ihres Luftraums für CIA-Gefangenentransporte ein Verfahren eröffnet, da der Verdacht auf verbotene Handlungen für einen fremden Staat bestehe. Die Geschäftsprüfungsdelegation des Schweizer Parlaments, die die Geheimdienste kontrolliert, reagierte betreten auf die Veröffentlichung des ägyptischen Faxes. Die SVP bezeichnete die Veröffentlichung von Geheimdienstinformationen als Verrat. Parteisprecher Roman Jäggi sagte, die Veröffentlichung gehe über das übliche Maß an Indiskretion hinaus, und verlangte strafrechtliche Konsequenzen.

Schon lange wartet die Schweiz auf eine Antwort aus den USA zu mutmaßlichen Überflügen. Der Tessiner Ständerat Dick Marty, der für den Europarat in der Angelegenheit ermittelt, sagte in einem Interview mit der Zeitung Blick von gestern, er frage sich, ob das Dokument der Schweiz nicht absichtlich zugespielt worden sei. Die im Fax genannten Standorte der Gefängnisse seien bereits länger im Gespräch. Seine Ermittlungen gestalteten sich sehr schwierig, denn „fast alle Regierungen sagen in dieser Affäre nicht die Wahrheit“.

Das Schweizer Verteidigungsministerium lauscht von der Region Bern und aus dem Wallis ins All. Mit dem seit 2000 betriebenen System Onyx können Telefonanrufe, Faxe, Telex und andere Daten abgefangen werden.