PETER PHILIPP ÜBER DIE JÜNGSTEN LUFTANGRIFFE ISRAELS IN SYRIEN
: Botschaft an Obama

Israels Premier Netanjahu setzt auf volles Risiko, um den US-Präsidenten auf seine Seite zu zwingen

Die Querverbindungen zwischen dem Iran, Syrien und der libanesischen Hisbollah sind hinreichend bekannt. Deswegen sollten die Hintergründe der jüngsten israelischen Luftangriffe in der syrischen Hauptstadt auch nicht im „Klein-Klein“ der militärischen Entwicklungen selbst, sondern in globalerem Kontext gesehen werden. Es mag provozierend klingen, aber der Verdacht drängt sich auf, dass hier weder Syriens Baschar al-Assad noch Hisbollah-Chef Nasrallah Zielscheibe sind, sondern US-Präsident Barack Obama.

Dieser war es doch gewesen, der vor fast einem Jahr gewarnt hatte, Assad werde eine rote Linie überschreiten, wenn er chemische Waffen gegen seine Widersacher oder die Bevölkerung einsetzen sollte. Eindeutige Beweise fehlen weiterhin, aber genau dies könnte inzwischen geschehen sein. Und Washington hat ein Dilemma: „Rote Linien“ drohen ihren Wert zu verlieren, wenn man nicht handelt. Obama aber will sich nicht in den Konflikt hineinziehen lassen.In Jerusalem ist längst Alarm ausgelöst: Wenn Obama nun nicht in Syrien reagiert, dann sicher auch nicht gegenüber dem Iran, wenn dieser eines Tages seine „rote Linie“ – die Atomwaffenfähigkeit – erreichen sollte. Das mühsam übertünchte Zerwürfnis zwischen dem US-Präsidenten und Ministerpräsident Netanjahu dürfte erneut voll ans Tageslicht treten. Washington will sich auch von Jerusalem nicht in ein Abenteuer verwickeln lassen, zögert aber, klar Position zu beziehen.

Netanjahu setzt auf volles Risiko, um Obama „auf Kurs zu halten“. Kaum glaubwürdig, dass jetzt Raketenlieferungen von Damaskus an Hisbollah anstanden. Absurd auch, was Damaskus behauptet: Israel stecke hinter dem Bürgerkrieg. Jede Veränderung in Syrien birgt für Israel mehr Gefahr als der Fortbestand des berechenbaren Regimes Assad.

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