Rüttgers und die Beamten
: Praktischer Treueschwur

Das Glaubensbekenntnis von Jürgen Rüttgers hätte eindeutiger nicht ausfallen können: Die schwarz-gelbe Landesregierung stehe „voll und ganz“ hinter dem Berufsbeamtentum, antichambrierte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident vor der versammelten Beamtenlobby in Köln. Und grenzte sich ausdrücklich von der Vorgängerregierung ab.

Die hatte es immerhin noch gewagt, über den Sinn oder Unsinn des Beamtentums überhaupt einmal nachzudenken. Zu diesem Zweck hatte Rot-Grün in der vergangenen Legislaturperiode sogar eine hochkarätig besetzte Kommission rekrutiert. Deren nach knapp zweijähriger Arbeit im Januar 2003 vorgelegter Abschlussbericht bot eine verheerende Analyse des öffentlichen Dienstes und war eine schallende Ohrfeige für die Protagonisten des überkommenen, obrigkeitsstaatlichen deutschen Berufsbeamtentums. Konsequenterweise schlug die Kommission denn auch vor, die herkömmliche Unterscheidung zwischen „Beamten“ und „Angestellten“ beziehungsweise „Arbeitern“ und damit die Zweigleisigkeit des öffentlichen Dienstrechts zugunsten eines einheitlichen Beschäftigtenstatus grundsätzlich aufzugeben.

KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER

Solche geradezu revolutionären Überlegungen sind mit Schwarz-Grün in NRW nun endgültig ad acta gelegt. Verwundern kann das nicht. Denn Rüttgers‘ Treueschwüre für das Berufsbeamtentum haben jenseits aller ideologischen Verbrämung handfeste materielle Gründe: Bekanntlich kommen im Dienst befindliche Beamte aufgrund der gesparten Sozialabgaben wesentlich billiger als Angestellte – und die entstehenden horrenden Pensionslasten werden ja erst für künftige Landesregierungen zum Problem. Zudem sind Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Sparmaßnahmen leichter – sprich: ohne nervige Arbeitskämpfe – bei den Beamten durchzusetzen. Schließlich können die zwar vor einem CDU-Neujahrsempfang demonstrieren, streiken dürfen sie indes nicht. Und was an den Beamten vorexerziert worden ist, kann anschließend auch einfacher bei den Angestellten durchgesetzt werden. Zukunftsweisend ist eine solche Politik nicht. Sozial schon gar nicht. Aber praktisch.