Israel stimmt Wahlen in Ostjerusalem zu

Der Druck aus Washington macht es möglich: Die palästinensischen Einwohner nehmen an den Parlamentswahlen teil

JERUSALEM taz ■ Zwei Wochen vor den palästinensischen Parlamentswahlen hat die israelische Regierung der Bevölkerung in Ostjerusalem die Teilnahme an dem Urnengang genehmigt. Die Entscheidung folgte auf entsprechenden Druck aus Washington. Noch am Montag hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gedroht, die Wahlen zu verschieben, sollten die Ostjerusalemer nicht einbezogen werden. Israel hat Ostjerusalem annektiert, die Palästinenser beanspruchen es als ihre Hauptstadt.

Die Wahlen sollen nach dem Muster der beiden Präsidentschaftswahlen 1996 und 2005 abgehalten werden. Damals gaben die Ostjerusalemer ihre Stimmen nicht in Wahlbüros ab, sondern in Postämtern. Die Urnen haben den Schlitz nicht im Deckel, sondern an der Seite.

„Wir können nach zwei Präzedenzfällen das Rad nicht wieder zurückdrehen“, begrüßte der frühere Bau- und Wohnungsminister Jitzhak Herzog (Arbeitspartei) die Entscheidung der Regierung, die, so hofft er, „die moderaten (palästinensischen) Kräfte unterstützt, damit sie gestärkt aus den Wahlen hervorgehen“. Problematisch für Israel ist die Teilnahme der islamistischen Hamas. Sie hatte die früheren nationalen Wahlen boykottiert.

Israels Kabinetssekretär Gideon Saar fürchtet, dass die Wahlbeteiligung Ostjerusalems „dem Status von Jerusalem als Hauptstadt Israels“ schaden könnte. Völliges Unverständnis zeigte Saar darüber, dass Israel der Hamas die Möglichkeit gibt, in Jerusalem anzutreten, „eine Bewegung, die von den EU-Staaten und den USA auf die Liste der Terrororganisation gesetzt wurde“. Nach Ansicht Saars würde „uns der Himmel nicht auf den Kopf fallen“, wenn die Bevölkerung in Ostjerusalem ihr Wahlrecht in den Außenbezirken wahrnehmen würde.

Genau das geschah vor zehn Jahren. Nur ein Bruchteil der gut 100.000 Wahlberechtigten gab die Stimme in der Stadt ab. Die meisten zogen die Wahllokale in dem nur etwa zwei Kilometer entfernt gelegenen Abu Dis oder einem anderen Vorort vor. Dort findet auch der entscheidende Wahlkampf statt. Die Hamas-Kandidaten würden bei Veranstaltungen in Jerusalem schlicht ihre Festnahme riskieren, vorausgesetzt, es gelänge ihnen, die Stadt zu erreichen.

Palästinenserpräsident Abbas entschied sich gegen eine Wahlverschiebung, obwohl seine Partei Fatah vor dem Hintergrund der Anarchie im Gaza-Streifen darauf drängte. Die Parteigenossen fürchten zudem ein schlechtes Ergebnis aufgrund der Querelen innerhalb der Fatah. Auch stehen auf der Wahlliste zahlreiche unbekannte Namen.

Letzten Umfragen des palästinensischen Meinungsforschungsinstituts PSR zufolge kann Fatah mit 50 Prozent der Stimmen rechnen, während Hamas auf 32 Prozent käme. Knapp zehn Prozent der Bevölkerung sind nach wie vor unentschieden. SUSANNE KNAUL