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RAUS AUS KREUZBERGOrte der Begegnung

Raus aus Kreuzberg. Mal was anderes sehen. Ich zeige Fup in der Ferne den Fernsehturm und frage: „Soll’n wir nicht mal auf den Turm hochklettern?“ Klar will Fup das. In der U-Bahn treffen wir auf sieben Schwarze. Es sind die Einzigen im Waggon, die Spaß haben. Sie lachen, keckern, grinsen, albern, giggern.

Auf dem Alexanderplatz kaufe ich eine Portion Fish & Chips. Fup, Nadja und ich setzen uns vor den Fish & Chips-Laden und spießen die kleinen armen Fische mit kleinen spitzen Holzgabeln auf. Ich bin überwältigt von den ästhetischen Einflüssen, die auf mich einprasseln. Die Architektur ist niederschmetternd. Beton und Platten in allen Größen. Und davon nur das Hässlichste, umrahmt von einer Baustellenromantik, die verspricht, dass alles noch besser wird. Hauptsache groß. Ich denke, dass das Gesamtensemble ein tolles Erbe der DDR ist, das der Westen in sein Nichtkonzept gerade hervorragend integriert. Warum sich Touristen das allerdings ansehen und durch die Brache stapfen, weiß ich nicht. Vielleicht gibt es in der Provinz keine Bretterverschläge und Absperrungen, die man besichtigen kann.

Wir klettern doch nicht auf den Fernsehturm, weil wir uns eine Stunde anstellen müssten. So sehr sehne ich mich auch wieder nicht danach, von oben ein paar Baustellen zu betrachten. Stattdessen machen wir einen Abstecher durch das Nikolaiviertel. Nadja, die von Wien ein bisschen was anderes gewöhnt ist, sagt: „Was ist das denn? Das ist ja total krank.“

Wir flüchten zurück nach Kreuzberg. In der Graefestraße watschelt eine Touristengruppe vor uns her mit einer Führerin. Sie sagt: „Und hier gibt es Cafés und Restaurants.“ Aha. Dann fügt sie erklärend hinzu: „Das sind Orte der Begegnung und der Kommunikation.“ Keiner lacht. Alle gucken ernst. Klar, solchen Leuten muss man sogar erklären, was ein Café ist. Und das auch noch falsch. KLAUS BITTERMANN

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