Bantam: gentechnikfrei pflanzen und genießen

Frisch, frech, fruchtbar, frei – der Anbau der hundert Jahre alten Süßmais-Sorte „Golden Bantam“ könnte in Deutschland zum Volkssport werden

„Er hat eine unglaublich leckere natürliche Süße“, schwärmt der Holländer Wim Brus, der seit 20 Jahren auf seinem Hof La Torre in Italien Saatgut der Gemüsemais-Sorte „Golden Bantam“ vermehrt und veredelt. Brus pflegt eine lange Tradition. Im Jahre 1902 brachte das Familienunternehmen W. Atlee Burpee aus Philadelphia die Sorte auf den Markt und bietet sie bis heute an. Frisch muß der Mais verzehrt werden, denn der Geschmack, der ihn berühmt machte, verwandelt sich schon wenige Stunden nach der Ernte in fade Stärke, wie man sie von Futtermais kennt. „Am besten das Wasser schon aufsetzen, wenn man zum Ernten in den Garten geht,“ rät Wim Brus.

„Golden Bantam“ ist samenfest. Seine Körner eignen sich also zur Saatgewinnung. Ganz im Gegensatz zu den Maissorten, die in Deutschland auf 1,4 Millionen Hektar als Tierfutter angebaut werden. Sie sind Hybride, die Eigenschaften aus verschiedenen Maislinien vereinen, allerdings nur für eine Generation. Beim Anbau ihrer Körner entwickeln sich nur noch Kümmerlinge. Wer Hybride anbaut, muss jedes Jahr neues Saatgut kaufen.

Im Dezember hat das Bundessortenamt im Auftrag von Agrarminister Horst Seehofer die erste gentechnische (Monsanto‘s Mon 810) für den freien kommerziellen Anbau freigegeben. Das stellt gewerbliche wie private Saatgutzüchter vor viele Fragen. Gentechnikfreier Mais kann durch den MON 810 Mais leicht befruchtet werden. Millionen von Pollen, die sich mit Wind und Bienen ausbreiten schüttet jede Pflanze in der näheren, zuweilen auch der weiteren Umgebung aus. Im Saatgut sind jedoch aus gutem Grund keinerlei Spuren von gentechnisch veränderten Sorten zulässig. Muß also alles Saatgut in der Umgebung von Gentechnik-Feldern getestet werden? Auf wessen Kosten? Hinzu kommt, dass aus der Kreuzung von „Mon 810“ und „Golden Bantam“ eine völlig neue Gentechnik-Sorte entstünde, deren Anbau streng untersagt ist.

Das Gentechnikgesetz regelt diese Fragen nicht. Es sieht lediglich vor, dass wirtschaftliche Schäden ersetzt werden, wenn die gentechnische Verunreinigung den Kennzeichnungsgrenzwert für Lebens- und Futtermittel überschreitet. Bedeutet dies, dass im Umfeld von Gentechnikfeldern der freie Anbau und Saatgutnachbau verwandter Pflanzen künftig untersagt wird? Welchen Preis hat die Gefährdung der Kulturpflanzenvielfalt, die mit dem Verlust des Saatguts einhergeht? Welche Rechte bleiben privaten Gärtnern und Saatgutvermehrern? Haben sie ein Recht auf Einsicht in das „Gentechnik-Register“, in dem alle GVO-Felder und ihre Betreiber verzeichnet sind? Können sie verlangen, daß der Anbau in ihrer Nachbarschaft unterbleibt?

Um diese und weitere Fragen zu klären startet die „Interessengemeinschaft gentechnikfreie Saatgutarbeit“, in der sich 14 Saatgutunternehmen und -vermehrungsinitiativen zusammengeschlossen haben, sowie die Initiative „Save our Seeds“ jetzt die Aktion Bantam-Mais. Ihr Ziel ist es, in diesem Jahr 100.000 Gärtner, Bauern und selbst Balkonbepflanzer in ganz Deutschland für den Anbau von „Golden Bantam“ zu gewinnen.

Wer Mais anbaut, kann beim Bundesamt für Verbraucherschutz genaue Auskunft über benachbarte Standorte von Gentechnik-Mais verlangen. Und gemeinsam lässt sich das Recht auf freien Anbau und gentechnikfreie Vermehrung gegenüber Behörden und Gentechnikfirmen besser durchsetzen.

Ab Mitte April findet in Deutschland die Maisausaat statt. Und im Herbst genießen die ersten 100.000 neuen Liebhaber des Golden Bantam-Mais dessen besonderen Geschmack und ernten das Saatgut für 2007!

BENEDIKT HAERLIN

Hintergründe zur Aktion und ein Bestellformular für kostenloses Saatgut gibts bei „Save our Seeds“, Marienstr.19-20, 10117 Berlin oder unter www.bantam-mais.de