Bedürftige Partygäste

GEGENSÄTZE Der FC Bayern ist mit seiner Meister-Feier beschäftigt, der abstiegsbedrohte FC Augsburg will „auch ein bisschen jubeln“

AUS MÜNCHEN THOMAS BECKER

Leichter Regen, zwölf Grad: nicht gerade Cabrio-Wetter. Egal, da müssen sie jetzt durch, die Meister-Bayern. Seit 6. April steht fest, dass der deutsche Meister wieder aus München kommt, und der will endlich feiern, wurschtegal ob die Jungs bei der Cabrio-Jubel-Tour Richtung Rathausbalkon nass werden oder nicht. Viel zu lange schon war den Erfolgsverwöhnten das Bad in der Marienplatz-Menge verwehrt worden.

Die Party-Gäste am Nachmittag beim „sportlich bedeutungslosen Bundesligaspiel“ (O-Ton FCB) kommen aus Augsburg, vom örtlichen Fußballverein FCA. Wir fröhlich sie die Stadion-Sause mit Blas- und Trachtenkapellen, Schuhplattlern, Goaßlschnalzern und Maitänzern mitfeiern werden, hängt vom Ergebnis ab: von dem in der Allianz Arena und von denen des FC Nürnberg und des HSV. Diesen Klub drückt man verstärkt die Daumen, könnten sie doch mit Siegen gegen Hoffenheim und Düsseldorf die Abstiegsangst der Augsburger ein wenig lindern. FCA-Angreifer Tobias Werner sagte tapfer: „Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind. Wir brauchen nun mal Punkte, und es wird auf alle Fälle ein hartes Stück Arbeit für die Bayern werden. Dass sie ihre Meisterschaft feiern, ist völlig in Ordnung. Aber wir würden gerne auch ein bisschen jubeln.“

Putzig, nicht wahr? Augsburg will jubeln, und das ausgerechnet bei den Party-Bayern. Da hat Jubelbremse Jupp Heynckes natürlich was dagegen. Am Donnerstag musste er sich schon selbst bejubeln lassen: Vom Verein gab’s zum 68. Geburtstag neben reichlich warmen Worten auch eine derart gewaltige Torte, dass es Heynckes nur mit zwei Zügen gelang, alle Kerzen auszublasen. Als er wieder bei Atem war, klang er wie immer: „Wir müssen im Rhythmus bleiben, müssen unsere Form konservieren, müssen so weitermachen wie bisher.“ Klingt nicht gut für Augsburg. Schließlich will sich Heynckes sicher nicht mit einer Niederlage aus der Allianz Arena verabschieden. „Unser Weg ist noch nicht zu Ende gegangen“, mahnte er. Schon klar: Champions League und DFB-Pokal fehlen noch.

Augsburg fehlen derweil ein paar Pünktchen, vielleicht reichen auch ein paar Törchen gegen die Konkurrenz. Die ganze Saison über bekamen sie zu hören, was für einen tollen Fußball sie doch eigentlich spielen und dass es ja keine Frage sein dürfe, dass so ein Team in der Bundesliga bleiben müsse. In der Rückrunde fing das Team von Coach Weinzierl dann tatsächlich mit dem Toreschießen an: 12 waren es in den 17 Spielen der Hinrunde, 18 sind es jetzt schon nach 15 Rückrundenpartien – macht Platz sieben in der Wertung seit Januar. Von den Fans wird diese Leistung honoriert: Unabhängig von Abstieg oder Klassenerhalt haben schon mehr als 4.200 Fans ihre Dauerkarte verlängert. Das Saisonfinale gegen Fürth ist bereits komplett ausverkauft. Es könnte ein Endspiel werden.

Auch in München bereitet man sich auf Kommendes vor. Via Homepage hat der Verein seine Fans aufgefordert, doch bittschön in Tracht ins Stadion zu kommen. Schließlich lautet das Partymotto „Mia san mia“. Keeper Manuel Neuer gab zu Protokoll: „Wenn ich zum Oktoberfest Besuch bekomme, verleihe ich meine Sachen gerne mal an Freunde, die meist ohne Tracht kommen. Da muss ich jetzt erst mal schauen, ob noch alles im Schrank ist. Meine Lederhose ist auf alle Fälle zu Hause. Ich muss nur noch mal drüberbügeln.“ Herrschaftszeiten! Die Lederhose bügeln! „Nicht dass er auch noch eine Weißwurscht grillt“, schrieb jemand auf Facebook.

Sorgen bereitet allerdings das Gerücht, der FC Bayern trete in der kommenden Saison auswärts mit einer Sporthose in Lederhosenoptik an. Auch von einem blau-schwarzen Outfit für die Champions League ist die Rede. Das klingt ein kleines bisschen größenwahnsinnig. Also durchaus realistisch. Ach ja: Uli Hoeneß wird bei der Cabrio-Tour wohl auch dabei sein – zur Not mit seinem Rettungsschirm.