DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL ZU PAKISTAN
: Drittes Geschlecht erste Wahl

Transgender kandidieren jetzt zum ersten Mal

Die von Gewalt und Terror gekennzeichneten pakistanischen Parlaments- und Provinzwahlen an diesem Samstag geben wenig Anlass zur Hoffnung. Es ist schon ein Erfolg, dass sie überhaupt stattfinden. Und doch sind sie besonders: Es ist das erste Mal in Pakistans Geschichte und das zweite Mal weltweit, dass Menschen des dritten Geschlechts wählen und kandidieren können. 2011 hatte Pakistans Oberster Gerichtshof entschieden, dass sogenannte Hijre sich in Personalausweisen als drittes Geschlecht registrieren können. Das gibt ihnen das aktive und passive Wahlrecht. Bis dahin konnten sie ihre demokratischen Rechte nicht wahrnehmen, wenn sie sich weigerten, sich in Ausweisen auf ein Geschlecht festlegen zu lassen. Ohne Ausweis gibt es kein Wahlrecht.

Das Urteil war bahnbrechend und betrifft in Pakistan 50.000 bis 500.000 Personen. So etwas war bisher nur in Indien möglich, wo die Zahl der Hijre auf 4 Millionen geschätzt wird. Jetzt treten im konservativen islamischen Pakistan gleich fünf Kandidaten des dritten Geschlechts an. Während es für Frauen eine Quote gibt, gibt es für die shemales, wie die Hijre sich auf Englisch nennen, keine. Ihre Chancen sind gering, allein die Kandidatur ist ein Erfolg.

Hijre leben in marginalisierten Gemeinschaften um einen Guru. Traditionell treten sie bei privaten Festen singend und tanzend auf, da ihnen mythische Kräfte zugeschrieben werden. Oft bleibt aber nur die Prostitution. „In den letzten fünf Jahren haben wir Politiker sich nur streiten, kritisieren und falsche Versprechen machen sehen. Jetzt werden Transgender aus ganz Pakistan an den Wahlen teilnehmen und einen Wandel bewirken“, versprach die 45-jährige Sozialarbeiterin und Hijre-Aktivistin Bindiya Rana aus Karatschi, als sie ihre Kandidatur für die Provinzwahlen einreichte. SVEN HANSEN