„Wie auf einem Truppenübungsplatz“

1. MAI Kritik an Polizeitaktik der „Abschreckung“. Polizeichef begründet das mit Autonomen-Traktat

Es war nicht die große Klage über „massive Polizeigewalt“, wie sie in den Vorjahren zuverlässig nach dem 1. Mai ertönte. Trotzdem musste sich die Polizei am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses Kritik an ihrem Einsatz zum diesjährigen Tag der Arbeit anhören.

Vor allem den Umgang mit dem Gegenprotest zum NPD-Aufmarsch in Schöneweide monierte die Opposition. Der ganze Stadtteil sei „abgeriegelt“, Protest in „Sicht- und Hörweite“ unmöglich gewesen, klagten die Grünen. Statt auf Kommunikation habe die Polizei auf Abschreckung und Pfefferspray gesetzt, so die Linke. Die Piraten kritisierten ein Auffahren von Wasserwerfern und Räumpanzern „wie auf einem Truppenübungsplatz“. Zudem sei selbst Abgeordneten der Weg versperrt worden.

Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeichef Klaus Kandt lobten dagegen ihre „positive Bilanz“: Der 1. Mai sei der friedlichste seit Jahrzehnten gewesen. Die 54 verletzten Beamten lägen deutlich unter den Vorjahreszahlen. Der zurückhaltende Einsatz der 7.000 Polizisten habe sich bewährt, so Henkel. Auch die Übersichtsaufnahmen per Video seien „sehr zurückhaltend“ und nur per Helikopter angefertigt worden. Einzig der Umgang mit den Abgeordneten sei „nicht so gut gelaufen“, gestand Henkel. Künftig werde die Weisung, Parlamentarier wie Journalisten durch Polizeisperren zu lassen, wieder durchgesetzt.

Die Forderung der Opposition, weniger Polizisten am 1. Mai einzusetzen, wiesen Henkel und Kandt vehement zurück. „Nur durch den hohen polizeilichen Aufwand wurden Straftäter schnell entmutigt“, so Henkel. Polizeichef Kandt verlas zum Beweis minutenlang einen Beitrag aus dem linken Internetportal Indymedia. Darin erklärt eine „autonome Gruppe“, „guter Dinge“ gewesen zu sein, die „Bullen anzugreifen“. Nur hätten die Polizisten darauf nicht reagiert, sondern die Demo mit einem „Spalier“ unter Kontrolle gehalten. „Dort, wo wir den Gewaltbereiten Raum geben“, folgerte Kandt, „wird Gewalt auch stattfinden“.

Linken-Fraktionschef Udo Wolf nannte das angesichts des friedlichsten 1. Mai seit Jahren absurd. Kandt versuche seinen Großeinsatz mit dem „Blödsinn einiger Irrer auf Indymedia“ zu begründen. Der 1. Mai dürfe nicht mehr mit „Bürgerkriegsszenarien“ diskutiert werden. KO