Nasa startet Mission zum Eisplaneten Pluto

Bislang gelten die äußeren Gebiete des Sonnensystems als weißer Fleck. Das schnellste jemals gebaute Raumschiff soll nun Informationen über den Planeten Pluto beschaffen. Flugzeit: 9,5 Jahre. Kosten: 700 Millionen US-Dollar

BERLIN taz ■ Es ist minus 230 Grad kalt, die Sonne erscheint nur noch als winziges Scheibchen, und selbst tagsüber leuchten die Sterne. Im fahlen Licht ist eine bizarre Landschaft aus Stickstoffkristallen und methan-, kohlenmonoxid- und staubverschmutztem Wassereis zu erkennen: Ungefähr so, vermuten Astronomen, sieht es auf Pluto aus, dem kleinsten und äußersten Planeten. Nun wird erstmals eine Raumsonde diese eisige Kristallwelt am Rande des Sonnensystems erkunden.

Morgen soll die Nasa-Sonde „New Horizons“ vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida in Richtung Pluto starten. Zwei mal einen Meter groß und 478 Kilogramm schwer, ist sie das schnellste bisher gebaute Raumschiff. Die Distanz zum Erdmond schafft die Sonde in neun Stunden. Dennoch wird sie erst im Juli 2015 am Eisplaneten eintreffen. Denn Pluto ist im Schnitt vierzigmal weiter von der Sonne entfernt als die Erde.

Aus Kosten- und technischen Gründen wird die Sonde nur am Planeten vorbeifliegen. Ihre sieben Instrumente – unter anderem drei optische und ein Staubsensor – werden Pluto aus größerer Entfernung über mehrere Monate hinweg studieren. Die Beobachtung aus der Nähe dauert gerade einen Tag. Auf 10.000 Kilometer soll sich „New Horizons“ dabei dem Eiszwerg annähern. Die Mission kostet rund 700 Millionen US-Dollar.

Trotz der Wartezeit sind die Wissenschaftler schon jetzt begeistert. Als „Revolution in der Planetenforschung“ bezeichnet der „New Horizons“-Chefwissenschaftler Alan Stern die Mission. Andy Dantzler, Direktor der Nasa-Abteilung für Sonnensystemforschung, nennt Pluto eine „wissenschaftliche Schatztruhe“.

Der Planet liegt am inneren Rand des so genannten Kuiper-Gürtels. Dort gibt es zehntausende kleinerer und größerer Eiswelten aus der Anfangszeit des Sonnensystems. Die Erforschung von Pluto und Kuiper-Gürtel ist also gewissermaßen der Blick in den uralten Inhalt einer Tiefkühltruhe.

Pluto wurde 1930 entdeckt und ist mit einem Durchmesser von 2.360 Kilometern etwa zwei Drittel so groß wie der Erdmond. Seine Umlaufbahn um die Sonne liegt weit außerhalb der Ebene, in der alle anderen Planeten die Sonne umkreisen. Er besteht vermutlich zu einem Drittel aus Eis und gefrorenen Gasen. Erst 1978 wurde auch sein Begleiter Charon entdeckt, der halb so groß ist wie Pluto selbst. Da die beiden Himmelskörper in einem Abstand von nur 16.000 Kilometern um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen, gelten sie als Doppelplanet.

Erst jüngst fanden Astronomen weitere Pluto-Merkwürdigkeiten: Im Oktober letzten Jahres machte das Weltraumteleskop Hubble Aufnahmen von zwei winzigen Monden um den Eisplaneten. Pluto könnte sogar ein kleines Ringsystem aus Eis- und Gesteinstrümmern besitzen. Und vor zwei Wochen veröffentlichten amerikanische Forscher erstmals Erkenntnisse über den „Anti-Treibhaus-Effekt“ von Pluto: Kommt der Eisplanet auf seiner stark elliptischen Bahn der Sonne näher, gast das Stickstoffeis aus und bildet eine dünne Atmosphäre. Der Planet schwitzt sozusagen, seine Oberfläche kühlt dabei ab. KENO VERSECK