Krieg der Rocker

WAS SAGT UNS DAS? Mitglieder der Bandidos laufen zu den Hells Angels über. Das könnte gewaltig krachen

Die Berliner Hells Angels feierten am Mittwoch ihren 20. Geburtstag. Zum Jubiläum gab es ein ganz einmaliges Geschenk. Ein Tag davor wechselten nämlich rund 70 Mitglieder der verfeindeten Bandidos zu der Bande. So etwas gab es bislang noch nie. Nun befürchtet die Polizei, dass der „Rockerkrieg“ eskaliert.

Das wäre nicht unwahrscheinlich. Denn Hells Angels und Bandidos rivalisieren nicht nur miteinander bei kriminellen Geschäften wie Drogen- und Waffenhandel oder Prostitution, sondern auch um die Gunst neuer Mitglieder. Doch der Zulauf vom verhassten Gegner birgt gewaltiges Explosionspotenzial. Und gewalttätige Auseinandersetzungen gab es in Deutschland in der Vergangenheit genug. Dabei wurden sogar Mitglieder erschossen.

Wegen interner Machtkämpfe sollen die Bandidos ihre Gruppe verlassen haben. Aber zum Feind überzulaufen, das ist tabu. Das ist Glaubensbruch. Denn Rockerbanden haben mafiöse Strukturen – sie sind eine Familie, quasi eine Religion. Es geht um Zusammenhalt, Loyalität, organisierte Kriminalität, um einen Ehrenkodex. Und Letzteren haben die Bandidos verletzt. Sich dem Rivalen anschließen ist Verrat – ein Dolchstoß. So wie das Konvertieren vom Islam zum Christentum. Oder, weniger religiös, von Schalke-Fans zu den Borussen. Der Verrat könnte blutrünstig werden. Denn die Bandidos haben an Ansehen verloren – Grund zu Rache. Überdies haben sie Macht eingebüßt. Das Kräfteverhältnis hat sich zugunsten der Hells Angels verlagert. In Siegerlaune könnten sie das demonstrieren. Schwer aber wird es für die Überläufer. Die müssen erst einmal Loyalität in der neuen Familie beweisen und den Zorn der alten fürchten.

SEVERINE WEBER