Wundersame Vervollständigung

GOOGLE Wie die Maschine Begriffe vorschlägt und weshalb sie dabei manchmal den Dienst verweigert

BERLIN taz | Die Hände müssen nur in die Nähe der Tastatur kommen, vier, fünf Anschläge genügen, schon rattert Google los. „Gönnen Sie Ihren Fingern eine Pause“, preist der Suchmaschinenriese diese Funktion. Und während Google schon erste Ergebnisse ausspuckt, schlägt es auch gleich noch Möglichkeiten vor, welche Buchstaben die Finger wohl als nächstes eintippen wollten. „Autocomplete“ heißt diese Technik, auf Deutsch „automatische Vervollständigung“.

Die Auswahl der vorgeschlagenen Suchbegriffe basiert – grob – auf drei Säulen: Was haben andere Nutzer, die diesen Begriff eingaben, gesucht? Nach welchen Begriffen hat man selbst schon einmal gesucht? An welchem Ort sitzt man gerade?

Wer also in Kiel „Gutschein“ eingibt, bekommt womöglich andere Suchbegriffe vorgeschlagen als ein Kölner. Außerdem erhält andere Hinweise, wer ein Google-Konto hat. Googles „Webprotokoll“ merkt sich alles über eigene Kunden.

Das Unternehmen aus Mountain View, Kalifornien, geriert sich dabei als neutraler Helfer bei der komplizierten Suche im Internet. Dabei greift Google seit Langem in die automatische Vervollständigung ein. Wer nach einem Begriff sucht, der Google-Bestimmungen widerspricht, muss den vollständig selbst eingeben. Eine geringe Anzahl von Anfragen wird von der Vervollständigenfunktion ausgeschlossen, gibt Google zu – und zwar alles, was das Unternehmen für pornografisch, volksverhetzend, gewalttätig oder urheberrechtsverletzend hält.

Außerdem gewichtet Google die Faktoren unterschiedlich. Aktuelles wird beispielsweise zuerst angezeigt, obwohl das Ereignis erst wenige Augenblicke zurückliegt und mitnichten schon von vielen Google-Nutzern in die Suchmaske eingegeben worden sein kann, dass es nun als erster Vorschlag auftaucht.

Außerdem wurde in diversen Tests nachgewiesen, dass die vorgeschlagenen Suchbegriffe nicht nur neutrale Hilfestellungen zur Schonung der Finger sind, sondern den Nutzer dazu verführen, auf diese zu klicken. Googles Vorschläge beeinflussen also das, wonach wir suchen – auch wenn wir danach gar nicht suchen wollten. JÜRN KRUSE