Überstunden für Weiterbildung

Privates Engagement und Eigeninitiative fordert Nordrhein-Westfalens CDU-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann auch im Bereich Weiterbildung – und bringt so die Gewerkschaften gegen sich auf

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens CDU-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann hebelt nach Meinung der Gewerkschaften schleichend den gesetzlichen Anspruch auf Weiterbildung aus. „Laumanns Pläne unterlaufen das Weiterbildungsgesetz“, so Sigrid Wolf, Sprecherin des DGB-Landesbezirks Nordrhein-Westfalen, zur taz.

Mit Blick auf ständig steigende Anforderungen im Beruf hatte Laumann mehr privates Engagement und Eigeninitiative der Arbeitnehmer auch im Bereich Weiterbildung gefordert. Jeder müsse ein Interesse haben, „auf der Höhe der Zeit“ zu bleiben, so der Minister. „Da muss man sich auch selber drum kümmern.“

Konkret will Christdemokrat Laumann die berufliche Qualifikation mit so genannten „Bildungsschecks“ fördern. Mitarbeiter von kleineren und mittleren Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitsplätzen sollen die Hälfte der Kursgebühren – höchstens aber 750 Euro – vom Land erstattet bekommen. Allerdings müssten sie selbst mit ihrem Arbeitgeber darüber verhandeln, ob das Unternehmen den Rest übernimmt. Sollte sich die Chefetage weigern, müssten Arbeitnehmer die Hälfte der Weiterbildung selbst zahlen. Auch besteht kein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit: Notfalls müssten sich Arbeitnehmer eben in ihrer Freizeit weiterbilden, findet Laumann: „Ich glaube nicht, dass dies alles zwingend in der Arbeitszeit geschehen muss.“

Der DGB werde Laumanns Pläne nicht unterstützen, kündigte DGB-Sprecherin Wolf gegenüber der taz an. Schon heute scheiterten viele Weiterbildungen am Mangel an Zeit. So würden Frauen, die nach einer Elternzeit wieder in den Beruf einsteigen wollten, einseitig benachteiligt: „Wenn die dann zum Beispiel am Abend keine Kinderbetreuung organisieren können, dann entfällt nach Laumanns Vorstellungen der Anspruch auf Weiterbildung eben“, kritisiert Wolf.

Ähnlich äußerte sich auch die Opposition. „Die meisten Menschen bilden sich aus Mangel an Zeit nicht fort und nicht aus Mangel an Geld“, sagt Barbara Steffens, sozialpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion. Laumann verteile „das Geld anderer Leute“, kritisiert SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer – die zehn Millionen Euro für die Bildungsschecks stammten allein aus Mitteln der Europäischen Union: „Die Landesregierung gibt keinen einzigen Euro.“

Den Etat der gesetzlichen Weiterbildung dagegen kürze Laumann, der auch Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) ist, von 101 auf nur noch 96 Millionen Euro, klagt Norbert Wichmann, Bildungsexperte des DGB. Dies treffe besonders gering Qualifizierte Arbeitssuchende: „Das Nachholen etwa eines Hauptschulabschlusses ist dann schlechter möglich.“

Er habe den Weiterbildungsetat sogar erhöht, hält Minister Laumann dagegen – und schlägt die zehn Millionen Euro der Europäischen Union einfach einfach auf seinen Weiterbildungsetat auf: „Der DGB sucht krampfhaft und vergeblich das Haar in der Suche.“