Vogelgrippe kommt an

Vorboten des Virus: Reiseveranstalter melden Einbrüche bei Türkei-Reisen, Mitarbeiter von Hühnerfarmen dürfen nicht mehr Richtung Bosporus reisen, Hähnchen-Lobby fordert Stallpflicht

von Kai Schöneberg

Die Ausläufer der Vogelgrippe erreichen Deutschland: Während Gesundheitsexperten vor Panik warnen, reagiert König Kunde. Reiseveranstalter bestätigten gestern erstmals, dass die Seuche zu sinkender Nachfrage bei Türkei-Reisen geführt habe. TUI, Thomas Cook sowie die Hamburger Türkei-Spezialisten Öger haben in der vergangenen Woche weniger Neubuchungen als im Vorjahr registriert.

Der Hannoveraner Touristik-Riese TUI rät inzwischen seinen Urlaubern, neben der Badehose auch noch ein Fieberthermometer einzupacken, nur gut gegarte Geflügelgerichte zu essen und Kontakt mit Hühnern zu meiden. „Wir sehen zur Zeit noch keinen wirklichen Grund, unsere Mitarbeiter anders zu informieren als die Urlauber“, sagt Sprecher Robin Zimmermann. Immerhin fast ein Viertel aller 20 Millionen Türkei-Besucher kam im vergangenen Jahr aus Deutschland. Gestern wurde dort das vierte Vogelgrippe-Opfer bekannt.

Das macht auch die Geflügelwirtschaft nervös. Türkei-Reisen der Mitarbeiter von Legebatterien und Hühnerfarmen in der Gefügel-Region um Cloppenburg und Vechta sind nicht gern gesehen. Für die 50 türkischen Mitarbeiter der Deutschen Frühstücksei mit Höfen in ganz Niedersachsen gilt ein „Sonderhygieneprogramm“: Wer aus dem Heimaturlaub zurückkommt, darf zunächst nicht direkt mit Hühnern in Kontakt kommen. Eine Quarantäne gilt auch für Türkei-Urlauber bei Deutschlands größtem Putenzüchter auf dem Moorgut Kartzfehn bei Cloppenburg. Schlicht verboten sind Trips Richtung Bosporus sogar für Angestellte der PHW-Gruppe, die unter anderem „Wiesenhof“-Hähnchen groß zieht. Immerhin: Die Firma übernimmt die Storno-Gebühren ihrer Mitarbeiter.

Anders als die Agrarminister der Länder fordert die Hähnchen-Lobby eine sofortige Stallpflicht: „Zugvögel haben keine Abflugpläne“, sagt der Präsident des Gefügelwirtschaftsverbands Wilhelm Hoffrogge, während die Landwirtschaftspolitiker darauf verweisen, die Stallpflicht binnen eines Tages durchsetzen zu können. Ohne das so genannte Aufstallgebot dürfen die Bauern laut Hoffrogge ihre Tiere auch nicht vorsorglich in Käfige sperren, wenn sie nicht das „Freiland“-Label verlieren wollten. Widerstände der Bio-Geflügelzüchter findet Hoffrogge „kurzsichtig“. Die Stallpflicht helfe im Fall der Fälle auch Öko-Hühnern. Hoffrogge: „Nur wenn wir die Tiere schützen, gibt es optimalen Schutz für den Menschen.“

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