Pekings iranisches Dilemma

China will keine Eskalation des Atomstreits, lässt aber offen, ob es sein Vetorecht im Sicherheitsrat nutzen würde

China hat Rohstoffinteressen im Iran. Ihm liegt aber auch an guten Beziehungen zu den USA

BERLIN taz ■ Im Streit um Irans Atomprogramm hat Chinas UN-Botschafter Wang Guangnya noch am vergangenen Freitag die EU-3 und die USA vor einer Einschaltung des UN-Sicherheitsrates gewarnt. „Die Angelegenheit dem Sicherheitsrat zu übergeben kann die ganze Sache nur noch komplizierter machen“, sagte Wang. „Das könnte bei einigen Parteien zu einer Verhärtung führen.“

Wang wollte nicht sagen, wie das ständige Sicherheitsratsmitglied China abstimmen würde, wenn der Rat über Sanktionen gegen Iran zu entscheiden hätte. Doch zeigt seine Äußerung, dass Peking über die Verhärtung der Position der Europäer und deren Annäherung an die USA nicht glücklich ist.

China hat im Iran vor allem große Rohstoffinteressen, doch ist in den vergangenen Jahren auch der bilaterale Handel stark expandiert. Die immer stärker auf Ölimporte angewiesene Volksrepublik ist der drittgrößte Abnehmer von iranischem Öl, mit dem sie rund zwölf Prozent ihres Rohölbedarfs deckt. China erwarb die Hälfte der Anteile an den iranischen Ölfeldern von Jadawaran und schloss mit der Islamischen Republik einen auf 30 Jahre angelegten Vertrag über die Lieferung von 250 Millionen Tonnen Erdgas. Iran ist an chinesischen Verkehrsflugzeuge interessiert und bezieht bereits Waffen aus China.

China und Iran lehnen beide eine Dominanz der internationalen Politik durch die USA ab. In den letzten Jahren bauten sie ihr bilaterales Verhältnis auch mit Besuchen auf höchster Ebene aus. So besuchte der damalige iranische Präsident Mohammed Chatami im Jahr 2000 China, dessen damaliger Präsident Jiang Zemin revanchierte sich 2002.

Doch China hat selbst auch ein großes Interesse an guten Beziehungen mit den USA, mit denen es wirtschaftlich inzwischen eng verflochten ist, und will diese deshalb möglichst nicht verprellen. Daher vermuten Beobachter, dass Peking mit Warnungen wie von Botschafter Wang die westlichen Länder von einer härteren Gangart abzuhalten versucht, aber letztlich im Sicherheitsrat doch kein Veto einlegen würde, sollten auch Moskau und Paris für Sanktionen stimmen. Zugleich appelliert Peking auch an Teheran, sich flexibler zu zeigen.

SVEN HANSEN