HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Die Renten sind unklar

Bei der Altersvorsorge mit Riester- und Rürup-Modellen verstecken sich die Vertreter hinter komplizierten Klauseln. Und wundern sich, dass die Versicherten abspringen. Dabei könnte alles so einfach sein

Die Versicherer klagen, dass ihre Kunden die Altersvorsorge vernachlässigen. Manche würden sogar bestehende Verträge kündigen. Das ist in der Tat misslich, denn die Rentenreformen der vergangenen zwanzig Jahre haben dafür gesorgt, dass Jüngere ohne private Vorsorge keinen gemütlichen Ruhestand verbringen werden. Dabei macht die staatliche Förderung solche Verträge eigentlich lukrativ.

Dass die Kunden sich trotzdem zurückhalten, daran sind Versicherer und Banken selbst schuld. Erst haben sie ihre Riester- und Rürup-Verträge und die betriebliche Altersvorsorge in einer so komplizierten Form angeboten, dass selbst Experten Monate brauchen, um die Besten zu ermitteln. Die Produkte sollen offenbar gar nicht verständlich sein. Dann würden ja nur die Unternehmen mit den lukrativsten Angeboten profitieren. Stattdessen versuchen Außendienstler oder Bankangestellte, dem Kunden das jeweils hauseigene Produkt zu verkaufen. Vergleichen soll er lieber nicht.

Als Eigentor erweist sich dieser Tage die erfolgreiche Lobbyarbeit der Branche bei Altkanzler Gerhard Schröder. Die Unternehmen hatten dafür gesorgt, dass ihre Vertriebstruppen schon in den ersten fünf Jahren die Provision für fünfzig Jahre laufende Versicherungsverträge ausgezahlt bekommen. Kurz gesagt: verkaufen und den Kunden vergessen.

Wenig später hatte der Bundestag entschieden, dass die Kunden besser über den Stand ihrer Riester-Verträge informiert werden müssen. Heute können sie zwar immer noch nicht viel erkennen, aber immerhin, dass jedes Jahr hunderte Euro Vertriebskosten von ihrer sauer ersparten Altersvorsorge abgebucht werden – oft mehr, als sie in dem Jahr an staatlicher Förderung bekommen. Weshalb nun einige kündigen.

Anlass genug, aus den Fehlern zu lernen, sollte man meinen. Pustekuchen! Im neuen Jahr gibt es erstmals auch für Rürup-Verträge eine Zertifizierung. Nützt sie den Kunden? Kaum. Geprüft und bestätigt wird in der Zertifizierung nicht etwa, dass der Vertrag transparent ist, eine vernünftige Verteilung der Kosten vorsieht und dem Kunden einen Wechsel des Unternehmens bei schlechtem Management erlaubt.

Bestätigt wird lediglich, dass der Vertrag beim Finanzamt zum Steuernsparen angegeben werden kann, damit die Behörde das nicht mehr selbst prüfen muss. Bei schlechtem Management darf der Kunde nach wie vor nicht die Pferde tauschen. Flexibilität fehlt weiterhin. Eine vertane Chance.

Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest und Mitglied des taz-Aufsichtsrates Foto: Karsten Thielker