Schwarz-Grün für Fusion

Während der Koalitionspartner FDP den Vorstoß des CDU-Ministerpräsidenten Wulff zur Erleichterung von Länderfusionen ablehnt, halten ausgerechnet die Grünen ihn für „interessant“

von Kai Schöneberg

„Es klingt einfach“, sagt Philipp Rösler. „Wir ziehen neue Grenzen zwischen größeren Bundesländern und schon sinken die Staatsschulden.“ Doch so „simpel“, wie sich CDU-Regierungschef Christian Wulff eine Fusion zwischen seinem Niedersachsen und dem kleinen Bremen vorstelle, sei die Sache nicht. Mit den Worten: „Wenn zwei Arme sich zusammentun, werden sie noch lange nicht reich“, verwirft FDP-Fraktionschef Rösler die in jüngster Zeit immer ungeschminkteren Vorstöße des großen Koalitionspartners, Länder-Ehen in Zukunft zu vereinfachen.

Wulff hatte gefordert, bei einer anstehenden zweiten Stufe der Föderalismusreform die Hürden für Fusionen zu senken. Bislang schreibt Artikel 29 des Grundgesetzes vor, dass einer Neugliederung von Bundesländern mindestens die Hälfte der Teilnehmer an einer Volksabstimmung zustimmen muss. „Möglich wäre, dass die Länderparlamente in einer repräsentativen Demokratie mehrheitlich darüber entscheiden und dass dann bei der Volksabstimmung nicht 50 Prozent der Bürger zustimmen müssten, sondern ein geringeres Quorum ausreicht“, hatte der Ministerpräsident gesagt.

Nicht nur die Bremer wittern Wulff‘sche Übernahmegelüste, da die Fusion von Berlin und Brandenburg bei der Volksabstimmung 1996 gar nicht am Quorum, sondern am Nein der Brandenburger gescheitert war. Auch Wulffs Koalitionspartner ist gegen den Vorschlag: „Statt von oben befohlenem Neuzuschnitt von Bundesländern setzen wir Liberale auf freiwillige Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Länder“, meint Rösler. Bei der seit langem geplanten Kooperation der statistischen Landesämter komme es auf Überzeugungsarbeit an „und nicht einfach nur auf neue Grenzziehung“, sagt Rösler.

Die Größe eines Bundeslandes sei zudem nicht ausschlaggebend für seine finanzielle Situation: Beispiele sind das bitterarme Bremen und Berlin und das wohlhabende Hamburg. Als Negativ-Exempel für fehlgeschlagene Fusionitis führt der FDP-Mann die Region Hannover an, die vor fünf Jahren aus Stadt und Landkreis Hannover entstanden ist: Bislang habe das neue Gebilde 400 Millionen Euro Schulden angehäuft, im kommenden Jahr werden es bereits 450 Millionen sein.

Während der Koalitionspartner abblockt, stimmt die Opposition zu. SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner hatte bereits vor Wochen gesagt, in spätestens zehn Jahren sei die Gründung eines Nordstaates absehbar. Gestern bahnte sich in der Debatte sogar eine schwarz-grüne Front der Fusionsbefürworter an. „Das ist ein interessanter Ansatz“, begrüßt ausgerechnet Stefan Wenzel, der Fraktionschef der niedersächsischen Grünen, den Vorschlag des CDU-Manns Wulff. „Wenn die Bürgerbeteiligung nicht ausgehebelt wird, bin ich dafür, die Zusammenlegung von Ländern zu erleichtern.“ Natürlich, so der Grüne, müssten zunächst die Finanzbeziehungen der Länder neu geordnet werden, damit beim Fusionieren nicht ein neuer Schulden-Moloch entstehe. Wenzel: „Der Status Quo darf nicht von heute auf morgen übertragen werden.“ Auch bei einem baldigen Treffen der Nordwest-Grünen mit den Kollegen aus Hamburg werde die Nordstaat-Idee eine Rolle spielen.