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2006 wird wieder ein staubiges Jahr

Die Belastung der Atemluft mit Feinstaub bleibt hoch. Für die Bundesregierung hat das aber keine Priorität

BERLIN taz ■ Die Bilanz für 2005 ist nicht gerade glänzend: An mindestens 42 Messstationen in Deutschland wurde die Europäische Feinstaub-Richtlinie verletzt, die vor einem Jahr in Kraft getreten ist. Und nichts deutet darauf hin, dass es in diesem Jahr besser wird: Allein an den ersten 14 Tagen haben 848 Messstellen gemeldet, dass der Grenzwert bereits mindestens einmal überschritten wurde, an 10 Stationen sogar schon siebenmal oder öfter. „Das geht so nicht weiter“, sagt Werner Reh, Feinstaubexperte beim Umweltverband BUND. „Wir haben die gleiche Entwicklung wie 2005, und aus Berlin hört man nichts.“

Feinstäube sind winzige Teilchen, die beim Einatmen Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen bis hin zu Lungenkrebs auslösen können. Hauptquellen sind Verbrennungsprozesse in Industrieanlagen und der Straßenverkehr – hier vor allem Dieselmotoren. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass an höchstens 35 Tagen im Jahr mehr als 50 Millionstel Gramm Feinstaub in einem Kubikmeter Luft sein dürfen. Davon waren viele deutsche Städte nach den Daten des Umweltbundesamtes und der zuständigen Landesämter 2005 weit entfernt. An mindestens 10 Stationen wurde der Grenzwert an doppelt bis dreimal so vielen Tagen überschritten. Deutscher Feinstaubmeister ist Stuttgart, das 186 Überschreitungen meldete.

Deshalb wundert es BUND-Experten Reh, dass das Bundesumweltministerium weder die steuerliche Förderung von Dieselrußfiltern noch die Kennzeichnungsverordnung vorantreibt – danach würden umweltfreundlichere Fahrzeuge Plaketten bekommen, mit denen sie von Fahrverboten ausgenommen wären. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums bestätigte auf taz-Anfrage, dass Feinstaubpolitik derzeit nicht die höchste Priorität habe. Allerdings sei die Förderung des Dieselrußfilters Teil des Koalitionsvertrags – die Federführung habe aber nun das Bundesfinanzministerium. Die Plakettenverordnung hänge zwischen Bundesrat und -regierung. Termine gebe es nicht.

„Die Bundesregierung ist meisterhaft im Schwarze-Peter-Spiel“, sagt Reh. Der BUND überlege deswegen, zu juristischen Mitteln zu greifen. Im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Umwelthilfe eine Reihe von Klagen unterstützt, die Anwohner gegen ihre Kommunen eingereicht hatten – mit unterschiedlichem Erfolg: Während beispielsweise Stuttgart dazu verdonnert wurde, einen Aktionsplan aufzustellen, scheiterten ähnliche Klagen in München und Berlin. „Das müssen wir juristisch besser absichern“, so Reh. Sinnvoll sei es außerdem, auch gegen die Bundesregierung vorzugehen.

Tatsächlich muss wohl parallel auch darüber nachgedacht werden, ob die Aktionspläne weiterhin auf den Verkehr konzentriert bleiben sollen. „Zwei Drittel der Gesamtbelastung mit Feinstaub kommt aus industriellen Anlagen“, schätzt Reh. „Wenn wir die Belastung insgesamt senken wollen, müssen wir auch an die Wirtschaft ran.“

Einen Beleg für diese Einschätzung liefern die Erfahrungen der Stadt Dortmund. Für die dortige Brackeler Straße, eine der am schwersten belasteten Gegenden Deutschlands, hat die Bezirksregierung einen Aktionsplan erstellt, der sich eng an die Forderungen der Umweltverbände anlehnt. Unter anderem sieht er eine Umweltzone vor, die – je nach Belastungsgrad – für Lkw über 7,5, über 3,5 oder über 2,8 Tonnen gesperrt ist. „Damit fahren rund 1.000 Lkw weniger durch die Innenstadt“, so Reh. Trotz dieser Maßnahmen aber wurde der zulässige Grenzwert im vergangenen Jahr an 67 Tagen überschritten. Auch wenn das fast ein Drittel besser war als 2004 – um die Vorgaben aus Brüssel einzuhalten, reicht es nicht. BEATE WILLMS

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