DER BERLINER WESTEN: Café Einstein
Ob die Kette mit diesem Urcafé zusammenhing, konnte nicht geklärt werden. Es war nur schade um das Café Adler, das ich seines Historismus wegen sehr geschätzt hatte. Ein Agentencafé am Checkpoint Charlie, was kann es Besseres geben, wenn man im Osten wohnt und sich mit seiner in den Westen der Stadt gezogenen legendären Ex treffen möchte? Und vielleicht gern eine Waffe unter dem Tisch gehabt hätte? Agenten der Liebe. Der verschmähten. Jetzt wohnte ich selbst im Westen der Stadt. Das Café Adler war renoviert und hieß Kaffee Einstein. Profan.
Im Café Einstein mit C, Unter den Linden, sahen die Gäste aus wie FDP-Bundestagsabgeordnete. Oder wie Touris, die vom Café Einstein im Merian, Ausgabe Ost, 1975, gelesen haben. Es gab reichlich Bedienungen in schwarzweißen Kostümen; den Unterschied zwischen einem Verlängerten und einer Melange konnten sie nicht erklären. Die Preise waren überzuckert.
Ich erinnerte mich an die Tage in Kölner Omacafés, damals, als wir in der Oper studentische Aushilfen gewesen waren. Die von der Beleuchtung waren Idioten, und sie hassten uns. Sie waren froh, jemanden schikanieren zu können, und machten von diesem Recht reichlich Gebrauch. Wir versuchten, uns zu verkrümeln und die Arbeit, die hauptsächlich aus Fegen, Putzen und Säubern bestand, so gut es ging über uns ergehen zu lassen. In der ersten Woche nutzten wir die Frühstückspause zum Gang in ein solches nahe gelegenes Omacafé. Der Kuchen kostete 1,50 DM und war gut. Der Kaffee hieß Kaffee und kostete genauso viel.
Wir überzogen die Pausen, so gut wir konnten. Hatten wir den Auftrag, Utensilien aus dem Fundus zu holen, ließen wir uns dort auf staubigen Sesseln nieder.
Im Einstein öffneten sich die Fenster. Eine Brise Schnee strömte herein. Es wurde Zeit, in den Westen der Stadt zurückzukehren. RENÉ HAMANN
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