Hürden für grüne Gentechnik bleiben stehen

Keine Einigung zwischen Minister Seehofer und Wirtschaft über Haftung für Gentech-Pflanzen. Restriktive Regel gilt

BERLIN taz ■ Industrie und Bundesregierung haben sich noch nicht auf neue Haftungsregeln für den Anbau von genmanipulierten Pflanzen geeinigt. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hat gestern im Kabinett deshalb nur den weniger umstrittenen Teil des neuen Gentechnikgesetzes vorgestellt, der bis zum 19. Februar umgesetzt werden muss. Sonst drohen Strafzahlungen von bis zu 800.000 Euro pro Tag an die Europäische Union.

Die hat bereits am 19. Dezember die Bundesregierung darüber informiert, dass eine entsprechende Rahmenrichtlinie der Europäischen Union über den Freilandanbau von gentechnisch veränderten Pflanzen endlich in nationale Gesetzesform gebracht werden muss. Eigentlich wollte Seehofer dies auch mit einer neuen Haftungsregelung verbinden – was aber nicht geklappt hat. Bislang gilt: Ein Landwirt, dessen Äcker durch Gentech-Pollen anderer Bauern verunreinigt werden, muss nicht nachweisen, von welchem Acker die Pollen stammen. Er kann alle Landwirte in der Nachbarschaft, die Gentech-Pflanzen anbauen, auf Schadensersatz verklagen.

Das ist der Industrie zu viel. „Es gibt keine Möglichkeit, das auf Versicherungsseite abzudecken“, sagte gestern Oskar Blume, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes Agrar, in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur. Doch auch von einem Haftungsfonds der Industrie, wie Seehofer ihn anstrebt, hält der Verband nichts. Die „Verantwortungsfrage“ sei dann nicht ausreichend geregelt, sagte Blume.

Weil die Einigung ausbleibt, gilt zunächst die alte Haftungsregelung weiter. Für die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulrike Hoeffken, ist das auch die bessere Lösung. Die Vorgaben aus Brüssel sollten 1:1 ausgesetzt werden und die geltende Haftungsregel bleiben, wie sie ist.

Doch auch der jetzige abgespeckte Gesetzentwurf sei problematisch, meint zumindest Greenpeace. Denn er sehe viele Ausnahmen vor, die eine Unterrichtung der Öffentlichkeit einschränkten. „Mit dieser Geheimniskrämerei soll die kritische Diskussion gestoppt werden“, mutmaßt Greenpeace.

STEPHAN KOSCH