Verrückt in Osnabrück

LETZTE CHANCE Trotz interner Querelen und Dank eines Patzers des unmittelbaren Konkurrenten schaffen die Fußballer des VfL Osnabrück noch den Sprung auf den Relegationsplatz

Vier Minuten mussten Fans und Spieler nach Abpfiff zittern, bis die Anzeigentafel im Osnabrücker Stadion die Erlösung brachte: Heidenheim kommt über ein torloses Remis nicht hinaus. Osnabrück dagegen hat Aachen mit 4:0 besiegt – und damit die Relegation erreicht. In der geht es nun um den Wiederaufstieg in die finanziell deutlich attraktivere Zweite Liga.

In der Relegation trifft Osnabrück am kommenden Freitag ausgerechnet auf Dresden – jenen Verein, der fast auf den Tag genau vor zwei Jahren den VfL Osnabrück aus der zweiten Fußball-Bundesliga gekickt hatte. Dass die Lila-Weißen den Relegationsplatz erreichen würden, hätte kaum noch jemand für möglich gehalten: Nach einer Saison voller Querelen im Verein hatte Trainer Claus-Dieter „Pele“ Wollitz am vorletzten Spieltag seinen Rückritt zum Saisonende angekündigt und das Vereinspräsidium angegriffen. Die gescholtenen Bosse glaubten keine andere Wahl zu haben, als den Coach umgehend von seinem Amt zu entbinden.

„Wir hatten viele Gespräche, und ich glaube, wir konnten uns nicht anders entscheiden“, kommentierte VfL-Präsident Christian Kröger die Maßnahme. Dabei stehen viele Fans auf der Seite des Entlassenen, der unter anderem das miese Timing der Vereinsführung bei der Entlassung des Geschäftsstellenleiters Ralf Heskamp kritisiert hatte.

In einem mittlerweile gesperrten Youtube-Video konnte man bis vor einigen Tagen noch Wollitz’ Wutausbruch gegenüber einer handvoll Fans über die seiner Meinung nach unfähige Führungsriege sehen. Wollitz, 47, ist dafür bekannt, dass er stets sagt, was er denkt. Das veranlasst Schiedsrichter oft dazu, ihn auf die Tribüne zu verbannen.

„Ich vermisse das Vertrauen und die Rückendeckung der neuen Vereinsführung“, sagte Wollitz. VfL-Präsident Kröger sieht es dagegen so: „Wir tun alles, um Ruhe in den Verein zu bekommen.“

Wollitz hat in dieser Spielzeit einiges richtig gemacht: Er hat ein perfekt harmonierendes Team zusammengebracht. Trotz Nebenkriegsschauplätzen wie den der hohen Verschuldung des Vereins hat er die Moral der Mannschaft aufrecht erhalten.

Wollitz hat sich zum Märtyrer gemacht und seine Spieler dazu gebracht, am letzten Spieltag gegen Aachen noch einmal alles zu geben. „Die Mannschaft, die auf dem Platz war, wurde von Pele zusammengestellt und das ganze Jahr von ihm begleitet“, fast Interimstrainer Alexander Ukrow zusammen: „Er wird sich am meisten ärgern, dass er heute nicht dabei ist.“ Und: „Fußball ist verrückt – gerade in Osnabrück.“ Leider wahr.  HEIKO OSTENDORF