Alles Wasser strömt nach Hamburg

ÜBERFLUSS In einigen Gebieten der Hansestadt drängt das Grundwasser gefährlich nah an die Häuser heran. Dabei bemüht sich der Senat nach wie vor um den Import von Wasser – aus der Heide

Der Appell kam für manche überraschend: Die HamburgerInnen sollten es allmählich gut sein lassen mit dem Wassersparen, sagte Nathalie Leroy, die kaufmännische Geschäftsführerin von Hamburg Wasser kürzlich auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens. „Wir haben grundsätzlich zu viel Wasser“, zitierte das Hamburger Abendblatt die Managerin. In Norddeutschland sei das Wassersparen ökonomisch wie ökologisch unsinnig und führe zu steigenden Grundwasserspiegeln.

Diese Aussage verblüfft auf den ersten Blick. Denn die Hansestadt kämpft seit Jahren darum, auch in Zukunft Wasser aus der Lüneburger Heide zapfen zu dürfen. Dennoch scheint Hamburg mit Wasser überreichlich gesegnet. In einigen Gegenden der Stadt steht das Grundwasser keine zwei Meter unter der Erdoberfläche. Wer hier einen Keller aushebt, baut buchstäblich nah am Wasser. Dagegen sorgen sich die Bewohner der Heide vor zu großer Trockenheit. „Wir wollen keine Lüneburger Wüste“, spitzte es der Sprecher der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide zu.

Hohe Grundwasserstände sind ein Problem, das auf eine Reihe von Faktoren zurückgeführt wird, etwa besonders starke Regengüsse, wie sie dem Klimawandel zugeschrieben werden. Ein anderer Faktor, der immer wieder genannt wird, sind Veränderungen bei der Wasserförderung. In den Hamburger Stadtteilen Sülldorf und Rissen klagten Hausbesitzer über ständig steigende Grundwasserstände und nasse Keller. Wie der Senat der Bürgerschaftsabgeordneten Anne Krischok (SPD) antwortete, könnten neben anhaltend überdurchschnittlichen Niederschlägen „lokale Faktoren wie reduzierte Wasserförderungen zu einem Anstieg beitragen“. Eine beigelegte Tabelle legt einen solchen Zusammenhang nahe: Die Förderung des nahe gelegenen Wasserwerks Bauersberg sank von 5,2 Millionen Kubikmetern im Jahr 1990 auf drei Millionen Kubikmeter 2009.

Die Notwendigkeit, Brunnen zu drosseln, erklärt Carsten Roth, der Sprecher von Hamburg Wasser, mit langfristigen Überlegungen. Die „Förderstrategie“ – wie viel aus welchem Brunnen gepumpt wird – müsse verhindern, dass Schadstoffe angesaugt werden. Bei oberflächennahen Brunnen können das Düngemittel und Pestizide sein, bei tief gelegenen das Salz der vielen Salzstöcke, über denen Hamburg erbaut ist. Schlimmstenfalls müsse ein solches mit Schadstoffen belastetes Wasserwerk geschlossen werden.

Die Hamburger gehen deshalb davon aus, dass ihre eigenen Grundwasserreservoirs nicht ausreichen, um die Metropole zu versorgen. Das Wasser aus der Nordheide sei für die Hamburger Wasserwerke besonders attraktiv, weil es dort eben keine Salzstöcke gebe und keine industriellen Altlasten das Wasser vergiften könnten, sagt Roth. Im Übrigen ströme das Wasser von dort über kurz oder lang ohnehin in die Elbe.  GERNOT KNÖDLER