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: MICHAEL KLARMANN über den Klassenkampf um das „Che-Haus“ an der Aachener Uni

Das Aachener „Che-Haus“ ist ein Platz für engagierte Redner und endlose Diskussionen. Vor Jahren wetterte hier der damalige Konkret-Redakteur Jürgen Elsässer gegen die rot-grünen „Kriegsparteien“. Ähnlich schimpfte der Tübinger Friedensforscher Tobias Pflüger – heute sitzt er für die PDS im Strassburger Europaparlament. Gut hundert Interessierte lauschten im „Che“ – eigentlich heißt das Unigebäude Alexander-von-Humboldt-Haus – den Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 von Ex-Bundesforschungsministers Andreas von Bülow. Der Bonner hielt in Aachen überhaupt seinen ersten Vortrag vor friedensbewegten und linken Zuhörern.

Doch damit soll nun Schluss sein. Als Spaßbremsen fungieren dabei zwei Studentenvertreter: Der 2. AStA-Vorsitzende Christoph Rasim (25) von der konservativen Liste STUDIUM und der AStA-Chef Daniel George (26) von der Liberalen Hochschulgruppe (LHG). Seit Ende 2005 stehen sie an der Spitze des Allgemeinen Studierendenausschusses der RWTH. Ihr erklärtes Ziel: Der AStA ist nur für die Belange der Studierenden da und hält sich aus der Politik heraus.

Linke Hochschulgruppen, die seit Jahren den AStA stellten und das Treiben im Che tolerierten oder mitgestalteten, wehren sich gegen ie Funktionäre. Doch Rasim ist das egal: „Das Alexander-von-Humboldt-Haus, gelegentlich auch Che-Haus genannt“, stehe zwar weiterhin der politischen Bildung offen. Allerdings solle es künftig für die bislang präsentierte „politische Meinungsbildung“ geschlossen bleiben. Auch deshalb, weil linke Gruppen über viele Jahre gegen den Nutzungsvertrag verstoßen und das Haus „missbraucht“ hätten. Das Gebäude solle mit eigenem Café-Betrieb allein der Verständigung zwischen ausländischen und deutschen Studierenden dienen. Und die Nutzung der Gruppenräume solle durch den Vertrag mit dem Rektorat genau diesem Zweck dienen. Werde dagegen verstoßen, könne das Rektorat den Vertrag aufkündigen. Das wäre dann das Ende des Alexander-von-Humboldt- und Che-Hauses.

Formal hat Christoph Rasim Recht. Jedoch glauben Vertreter linker Hochschulgruppen, die mittels eines „Watchblogs“ im Internet gegen den AStA stänkern, Rasim schiebe diese Begründung nur vor. Denn der Ex-Zivildienstleistende ist im Corps Montania Aachen, also ein „Verbinder“. AStA-Chef Daniel George ist darüber hinaus Mitarbeiter der FDP-Fraktion im Aachener Stadtrat und stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes liberaler Hochschulgruppen. Das (neo)liberal- (neo-) konservative Duo, so die Kritik, bekämpfe also den politischen Gegner. Dass beide unlängst persönlich im Che zwecks Kontrollen der Nutzer auftauchten und zwei linken MitarbeiterInnen gekündigt wurde, trug nicht eben zur Entspannung der Situation bei.

Unbeteiligte Beobachter der Posse finden, dass, obwohl sich alle widersprechen, alle auch irgendwie Recht haben. Vielleicht sollte das Gespann Rasim und George sich also besinnen. Andreas von Bülow fände als Referent sicher passende Theorien zum Post-Klassenkampf.