Kongo bleibt instabil

Ostkongo: Massenflucht vor Kämpfen, Massaker an UN-Soldaten. Deutschland unschlüssig über Eingreifen

BERLIN taz ■ Die neuen Auseinandersetzungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo haben eine Flüchtlingskrise ausgelöst. 80.000 Menschen sind nach Angaben von UN-Hilfswerken in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu aus ihren Dörfern geflohen, davon 20.000 nach Uganda. Gestern blieb die Lage unübersichtlich.

Am Donnerstag und Freitag hatten Rebellen unter mutmaßlichem Kommando des ruandischstämmigen Generals Laurent Nkunda, der sich 2004 von Kongos Regierungsarmee FARDC losgesagt hatte, die Kontrolle über zahlreiche Ortschaften im Distrikt Rutshuru an der Grenze zu Uganda übernommen. Dort steht eigentlich eine der neuen „integrierten“ Brigaden der Regierungsarmee FARDC. Doch letztes Jahr waren die meisten ruandischstämmigen Angehörigen dieser Brigade desertiert und hatten sich Nkunda angeschlossen. Als die Deserteure nun gegen ihre einstigen FARDC-Kameraden vorrückten, ergriffen diese die Flucht – „ohne einen einzigen Schuss abzufeuern“, wie eine Quelle berichtet.

Kongos Armeeführung beorderte daraufhin Rutshurus Brigadekommandant Jean-Marie Kasikela nach Kinshasa und übergab das Kommando vor Ort seinem Stellvertreter Hassan Masudi. Mit Regierungssoldaten aus anderen Regionen Ostkongos übernahm dieser bis Sonntagabend nach offiziellen Angaben die meisten Orte wieder, eskortiert von UN-Soldaten.

Unabhängigen kirchlichen Quellen zufolge sind Nkundas Rebellen weiterhin in mehreren Ortschaften präsent. Profit aus der Lage zogen auch ruandische Hutu-Milizionäre. Am Sonntag versuchten sie, die Kleinstadt Nyamilima zu besetzen.

In einem weiteren Rückschlag für Kongos Frieden wurden gestern acht UN-Soldaten aus Guatemala im Garamba-Nationalpark im Nordosten des Kongo an der Grenze zum Sudan von ugandischen Rebellen der Lord’s Resistance Army (LRA) getötet. Es sind die schwersten UN-Verluste im Kongo seit einem Jahr.

Das sind ungünstige Vorzeichen für die laufenden Beratungen um die Entsendung einer EU-Eingreiftruppe zur Stabilisierung der Wahlen im Kongo. Nach zahlreichen Meinungsäußerungen deutscher Politiker für und gegen eine deutsche Truppenentsendung erklärte gestern Regierungssprecher Thomas Steg, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. „Welchen konkreten Beitrag Deutschland leisten kann, lässt sich im Moment noch nicht ermessen“, sagte er. Heute solle die EU die Entsendung einer Erkundungsmission beschließen. Der UN-Rundfunk im Kongo meldete gestern, eine EU-Erkundungsmission sei bereits im Land und überprüfe den Stand der Armeeintegration. D.J.