„Ein klarer Anspruch“

VORTRAG Der Chef des Deutschen Mieterbundes spricht über das Menschenrecht auf Wohnen

■ ist SPD-Mitglied, Jurist, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes und ehemaliger Bürgermeister von Willich.

taz: In der Bremer Verfassung steht, dass jeder Anspruch auf eine angemessene Wohnung hat. Das sind doch nur schöne Worte, Herr Siebenkotten, oder?

Lukas Siebenkotten: So etwas finden sie in mehreren Landesverfassungen, nicht aber im Grundgesetz. Das sind schöne Worte, ja – die besagen, dass es Aufgabe des Staates ist, Obdachlosigkeit zu vermeiden. Mehr aber auch nicht.

Das sind aber doch zwei ganz verschiedene Sachen.

Im Kern muss es darum gehen, dass jeder eine für ihn bezahlbare Wohnung bekommen kann. So ein Anspruch sollte auch im Grundgesetz stehen.

Würde das helfen?

Ja, wenn es ein klarer, einklagbarer Anspruch gegen den Staat ist – für jene, die sich nicht alleine helfen können.

Ist das in Ihrer Partei, der SPD, mehrheitsfähig?

Bislang hat dieser Vorstoß in der SPD jedenfalls noch keine Mehrheit bekommen.

Kann man Wohnungseigentümer zwingen, günstig zu vermieten?

Man kann zwar eine rechtliche Begrenzung gegen Exzesse einbauen, und so verhindern, dass bei Wiedervermietungen die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als zehn Prozent überschritten wird. Aber es kann keine staatliche Preisregulierung geben – vor dem Verfassungsgericht hätte sowas keinen Bestand. Der Markt würde sich aber von alleine beruhigen, wenn es überhaupt mehr Wohnungen geben würde. Doch man kann die Privatwirtschaft nicht zwingen, Wohnungen zu bauen.

Nur wird aber auch von halbstaatlichen Wohnungsbaugenossenschaften wie der Gewoba erwartet, dass sie Gewinn machen. Wie passt das mit dem sozialen Auftrag zusammen?

Das ist stets eine Gradwanderung, bei der man Prioritäten setzen muss. Man muss die Investoren unterstützen – entweder, in dem man ihnen Zuschüsse gibt, die an soziale Kriterien gebunden sind oder indem man ihnen Steuererleichterungen gewährt. Letzteres ist bislang immer im Streit zwischen Bund und Ländern über Steuerausfälle gescheitert.

INTERVIEW: JAN ZIER

19 Uhr, Rathaus