Zahlen, bitte!

PAYWALL Mit „Bild +“ will Springer die Nutzer von Bild.de zum Abonnieren exklusiver Inhalte bewegen – und hofft, dass der Rest der Branche dem Beispiel bald folgt

Für 2,99 Euro können ab nächster Saison Videoclips mit den Bundesliga-Höhepunkten gekauft werden

VON DAVID DENK

Ausnahmsweise geht Bild mal mit gutem Beispiel voran. Mit Bild + startet die Springer-Boulevardzeitung vom 11. Juni an den bislang ambitioniertesten Versuch eines deutschen Zeitungshauses, ein digitales Bezahlmodell im Internet zu etablieren. Die Signalwirkung in die nach neuen Erlösquellen gierende Branche ist nicht zu unterschätzen – genau wie das Risiko des Scheiterns. „Wir wissen, es kann auch nicht funktionieren“, sagte Vorstandschef Mathias Döpfner bei der Präsentation in Berlin am Montagabend. Und Markenvorstand Andreas Wiele ergänzte: „Drücken Sie uns wenigstens heimlich die Daumen.“

Die Chancen stehen angesichts der trotz massiver Auflagenrückgänge ungebrochenen Marktmacht von Bild nicht schlecht. Wenn es einem Blatt gelingt, dann höchstwahrscheinlich der Bild-Zeitung, die sich einen langen Atem leisten kann. Auf die Frage nach dem Plan B im Falle eines Scheiterns antwortete Döpfner: „Der Plan B ist, dass wir es noch mal probieren.“ Konkrete Zielvorgaben gebe es nicht, sagte er.

Springers erster Versuch ist ein sogenanntes Freemium-Modell: Große Teile von Bild.de bleiben frei zugänglich, für exklusive Inhalte jedoch muss der Nutzer künftig zahlen. Zur Wahl stehen drei monatlich kündbare Abomodelle zum Preis von monatlich 4,99 Euro, 9,99 Euro (inkl. E-Paper) oder 14,99 Euro (zusätzlich mit Bild- und BamS-Kiosk-Gutscheinen). Der erste Probemonat kostet bei allen Modellen 99 Cent. Ein zusätzliches Lockmittel für potenzielle Abonnenten dürfte sicherlich die Möglichkeit sein, für 2,99 Euro zusätzlich Videoclips mit den Höhepunkten des aktuellen Spieltags in der ersten und zweiten Fußballbundesliga zu abonnieren. Die Rechte dafür hat sich der Verlag etwa 24 Millionen Euro kosten lassen – Geld, das er natürlich mit Bild + und im Fußballumfeld platzierter Werbung wieder reinspielen will. Bereits 2012 erwirtschaftete die Axel Springer AG mehr als ein Drittel des Umsatzes von 3,3 Milliarden Euro im Internet (37 Prozent), Tendenz im ersten Quartal 2013 weiter steigend.

Auch die rund 2,5 Millionen täglichen Zeitungskäufer sollen von Bild + profitieren können: Jeder Bild liegt in Zukunft ein „Tagespass“ bei, für den auf den jeweiligen Kalendertag begrenzten Zugriff auf die exklusiven Online-Inhalte.

Überhaupt gab sich Springer am Montagabend große Mühe, Einigkeit der journalistischen Welten Print und Online zu demonstrieren: Bild.de-Chefredakteur Manfred Hart betrat die Bühne mit Marion Horn, der Stellvertreterin des zum 1. Juni aus dem Silicon Valley zurückkehrenden Bild-Chefredakteurs und Neunetzgurus Kai Diekmann. „Eine tolle Story ist so wertvoll wie nie“, sagte Hart – egal ob sie zuerst in der Zeitung oder im Internet erscheint. Springer hofft, durch Bild + auch den innerredaktionellen Wettbewerb zu verstärken, weil plötzlich alle exklusive Inhalte liefern wollen.

Zum Abschluss der Präsentation wurde dann noch ein Filmchen gezeigt, welches das Springer-Management auf Betriebsausflug in Kai Diekmanns temporäre Wahlheimat begleitet. Da, in diesem bemüht-sympathischen Mix aus Sönke Wortmanns „Sommermärchen“ und „Hangover“, ist sie wieder, die aufgesetzte Lässigkeit, mit der Springer sein spießiges Image aufzupolieren versucht. Klar, Kleider machen Leute, aber ein Kapuzenpulli macht aus dem Träger noch lange keinen Freigeist.