Selbst die Wirtschaft mault

STADTENTWICKLUNG Viele Wilhelmsburger sind gegen den Bau des Opernfundus am Veringhof. Der Senat hält an seiner Entscheidung fest – trotz Kritik aus eigenen Reihen

■ Der Senat plant, den Opernfundus auf dem Gelände der ehemaligen Zinnwerke am Veringhof in Wilhelmsburg zu bauen.

■ Kreativszene: Unter anderem werden hier die Konspirativen Küchenkonzerte produziert, die bereits zweimal für den Grimme-Preis nominiert waren.

■ Kleingewerbe: Der Getränkehandel Meerkötter, die Autolackiererei Dirik und der Autoteilehandel Akkaya sind auf dem Gelände ansässig.

■ Arbeitsplätze: Insgesamt sind durch den Opernfundus 36 Arbeitsplätze bedroht.

■ Kündigung: Der Termin, der zunächst für den 30. Juni festgelegt worden war, wurde jetzt für alle MieterInnen auf den 30. September geändert.

VON DOMINIK BRÜCK
UND SIGNE HEINS

Die Kritik an den Plänen des Senats, den Fundus der Hamburgischen Staatsoper an die Veringhöfe in Wilhelmsburg zu verlegen, wächst. Neben den betroffenen MieterInnen wendet sich die Mehrheit des Stadtteils gegen den geplanten Bau des bis zu 18 Meter hohen Gebäudes auf dem Gelände der ehemaligen Zinnwerke. Der benachbarte Edeka-Markt druckt Einkaufstüten mit der Aufschrift „Zinn macht Sinn“ und der Sanierungsbeirat Südliches Reiherstiegviertel fordert, die Kündigungen zurückzunehmen und eine Alternative zu der Fläche am Veringhof zu finden.

Auch die Handelskammer hat sich nun gegen die Pläne ausgesprochen. „Viele Kreative sehen Wilhelmsburg aufgrund der durch die IBA erzeugten Aufbruchsstimmung als Standort mit viel Entwicklungspotenzial an“, sagt Adrian Ulrich, Abteilungsleiter Medienwirtschaft der Handelskammer. Eine Aufgabe des Standortes Zinnwerke zugunsten des Opernfundus würde bedeuten, diese Strategie nachhaltig zu schwächen. Hinzu komme, dass das Gelände für den Opernfundus nur sehr bedingt geeignet sei.

Auf Seiten der Politik lehnen die Opposition in Bürgerschaft und Bezirksversammlung Mitte die Verlegung des Opernfundus ab. Auch die regierenden Sozialdemokraten sind nicht durchweg begeistert von dem Vorhaben ihres Bürgermeisters. Im Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel am vergangenen Dienstag wurde dies deutlich. „Wir Lokalpolitiker nehmen sehr wohl die Bürgermeinung wahr und das hat Eindruck gemacht“, sagt Klaus Lübke, Bezirksabgeordneter der SPD. „Wir sind gegen den Opernfundus hier“, ergänzt Michael Weinreich, ebenfalls Bezirksabgeordneter der SPD in Hamburg-Mitte. „Uns ist die Sicherung der in Wilhelmsburg gewachsenen Stadtteilkultur wichtiger als Kultur von außen.“

Trotz der wachsenden Kritik agieren die Sozialdemokraten in Mitte vorsichtig. Ein Antrag der Opposition, der die Ablehnung des Standorts Wilhelmsburg fordert, wurde mit den Stimmen von SPD und FDP abgelehnt. Stattdessen wurde ein Beschluss bekräftigt, den die Bezirksversammlung bereits in der vergangenen Woche gefasst hatte.

In diesem bittet die Koalition aus SPD und FDP darum, weitere Standorte zu prüfen, die Kündigungen auszusetzen, Alternativen für die in den Zinnwerken ansässigen Kreativen und Gewerbetreibenden zu finden und die BürgerInnen und lokalen Gremien besser zu beteiligen. Die vorschnell getroffene Standortentscheidung für den Opernfundus könne man nicht befürworten, heißt es in dem Antrag.

Marco Antonio Reyes Loredo, der Sprecher der Kreativen und Gewerbetreibenden am Veringhof, ist trotz der vorsichtigen Formulierung des SPD-Beschlusses optimistisch. „Mit dem Regionalausschuss hat jetzt jedes zuständige Gremium unterhalb der Bürgerschaft dargelegt, dass man den Standort in Wilhelmsburg für nicht geeignet hält“, sagt Reyes Loredo. „Es ist erstaunlich, welcher gesellschaftliche Konsens hier mit der Ablehnung des Opernfundus entstanden ist.“ Einzig der Senat hält weiter an seinen Plänen fest.